Vorrundenomen: Nach Dämpfern zum Titel

Die Vorrunde der EURO 2024 ist gespielt, zumindest aus deutscher Sicht. Und was man sah, war gut. Auf zwei Triumphe folgte ein kleiner Dämpfer. Ein Muster, das es schon häufig gab - und das als gutes Omen dienen kann. Der Exkurs in die Länderspielhistorie zeigt, dass ihre Vorgänger der aktuellen Mannschaft ein gutes Beispiel geben. Ein Start mit zwei Siegen, danach ein Dämpfer mit einem Unentschieden, so etwas passierte zuvor bei drei Turnieren - und alle wurden gewonnen.

Es begann 1980. Die junge Mannschaft von Bundestrainer Jupp Derwall, der sein erstes Turnier in dieser Position erlebte (eine weitere Parallele zur Gegenwart), startete mit einem 1:0 gegen die Tschechen durch ein Kopfballtor von Karl-Heinz Rummenigge und schlug danach im besten Spiel der EM 1980 die Niederlande mit 3:2. Klaus Allofs schoss im Spiel seines Lebens eine 3:0-Führung im Alleingang heraus, danach wurde es noch mal spannend. Auch weil Debütant Lothar Matthäus im Übereifer einen Elfmeter verschuldete.

Beziehungsweise und um der Wahrheit Ehre zu tun: Die Schuld traf eigentlich den Schiedsrichter, denn Matthäus foulte deutlich außerhalb des Strafraums. Mit dem Sieg waren die Deutschen schon weiter - damals bedeutete das: Finale - mussten nur noch die Pflichtübung gegen die Griechen absolvieren. Es wurde ein zähes 0:0, einige Stars wurden geschont. Verschont wurde die Mannschaft nicht, in den Zeitungen hagelte es Kritik. Heute weiß man: Es war ein Dämpfer, der zur rechten Zeit kam, denn im Finale von Rom fanden die Deutschen zur Bestform zurück und Horst Hrubesch schoss und köpfte sie gegen Belgien zum zweiten EM-Titel (2:1).

WM 1990: Später Dämpfer gegen Kolumbien

Auch das zweite Kapitel der guten Omen spielt in Italien: die WM 1990. Der Kaiser regierte Fußball-Deutschland seit sechs Jahren und hatte seinen Abschied schon angekündigt. Ohne Titel wollten die Spieler Franz Beckenbauer nicht ziehen lassen. Das beste von sieben Spielen stand gleich am Anfang, nun machte ein anderer das Länderspiel seines Lebens: Lothar Matthäus schoss beim 4:1 gegen Jugoslawien zwei Tore. Gegen Außenseiter Vereinigte Arabische Emirate gab es bei Blitz und Donner auch einen Torhagel, diesmal stand ein 5:1 auf der Anzeigetafel von San Siro. Der Gruppensieg war schon geschafft, prompt gab es gegen Kolumbien den schwächsten Auftritt in Mailand. Beckenbauer sah - ganz Nagelsmann - "keinen Grund etwas zu ändern".

Zu einem Wechsel zwang den Kaiser das Gesetzbuch: Der gelbgesperrte Andy Brehme wurde durch Hansi Pflügler ersetzt. Das Spiel bot wenig Aufregendes, bis kurz vor Ende ein Doppelknall ertönte. Pierre Littbarski drosch den Ball nach Vorlage von Rudi Völler unter die Latte (89.), der dritte Sieg schien eingefahren. Die damit aber ausgeschiedenen Kolumbianer gaben nicht auf, und in der dritten Minute der Nachspielzeit glich Rincon aus. Beckenbauer nahm es gelassen: "Der Druck für eine große Leistung hat gefehlt. Es war ein Spiel, das wir zwar gewinnen wollten, aber nicht gewinnen mussten. Es ist ganz gut, dass wir diesen kleinen Dämpfer bekommen haben." Wie wahr - fortan gab es nur noch Siege und am Ende den Pokal.

EM 1996: Schreckmoment gegen Italien

1996 in England leitete sein Nachfolger Berti Vogts die Nationalmannschaft. "Auf Jahre hinaus nicht zu besiegen" war sie zwar nicht, wie es der Kaiser zum Abschied versprochen war, aber in jenem EM-Turnier von England zumindest fand sich kein Besserer. Gegen die Tschechen trafen Christian Ziege und Andy Möller schon vor der Pause, es blieb beim 2:0. Gegen die Russen wurde es noch deutlicher (3:0), Matthias Sammer und zweimal Jürgen Klinsmann trugen sich in die Torschützenliste ein. Zwei Siege zum Start, das Weiterkommen war dennoch noch nicht perfekt. Denn drei Teams hätten auf sechs Punkte kommen können, darunter der letzte Gegner in Manchester - Italien.

Vogts schonte niemanden, musste aber wegen Sperren und Verletzungen umbauen. Erstmals waren die Deutschen bei dieser EM nicht überlegen, nach Chancen siegte Italien 7:3. Fast 90 Minuten stand das Team mit dem Rücken zur Wand, aber Italien hatte wieder mal keinen Torjäger. Selbst einen Elfmeter nutzten sie nicht, Zola scheiterte an Andy Köpke, der auch sonst herausragend hielt. Auch die halbstündige Unterzahl nach dem Platzverweis für Thomas Strunz überstanden die Deutschen, mit denen auf der Tribüne Bundeskanzler Helmut Kohl und Tennisstar Boris Becker zitterten.

Dann war es geschafft, die hart umkämpfte Nullnummer von Manchester schweißte die Mannschaft mehr zusammen als alle lockeren Siege zuvor. Vogts erkannte: "Die Mannschaft gibt alles und ist bereit sich zu quälen." Das tat sie noch in drei K.o.-Spielen und wurde in Wembley Europameister - zum bis dato letzten Mal. Aber diesmal stimmt ja die Vorrundenformel wieder.

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Die Vorrunde der EURO 2024 ist gespielt, zumindest aus deutscher Sicht. Und was man sah, war gut. Auf zwei Triumphe folgte ein kleiner Dämpfer. Ein Muster, das es schon häufig gab - und das als gutes Omen dienen kann. Der Exkurs in die Länderspielhistorie zeigt, dass ihre Vorgänger der aktuellen Mannschaft ein gutes Beispiel geben. Ein Start mit zwei Siegen, danach ein Dämpfer mit einem Unentschieden, so etwas passierte zuvor bei drei Turnieren - und alle wurden gewonnen.

Es begann 1980. Die junge Mannschaft von Bundestrainer Jupp Derwall, der sein erstes Turnier in dieser Position erlebte (eine weitere Parallele zur Gegenwart), startete mit einem 1:0 gegen die Tschechen durch ein Kopfballtor von Karl-Heinz Rummenigge und schlug danach im besten Spiel der EM 1980 die Niederlande mit 3:2. Klaus Allofs schoss im Spiel seines Lebens eine 3:0-Führung im Alleingang heraus, danach wurde es noch mal spannend. Auch weil Debütant Lothar Matthäus im Übereifer einen Elfmeter verschuldete.

Beziehungsweise und um der Wahrheit Ehre zu tun: Die Schuld traf eigentlich den Schiedsrichter, denn Matthäus foulte deutlich außerhalb des Strafraums. Mit dem Sieg waren die Deutschen schon weiter - damals bedeutete das: Finale - mussten nur noch die Pflichtübung gegen die Griechen absolvieren. Es wurde ein zähes 0:0, einige Stars wurden geschont. Verschont wurde die Mannschaft nicht, in den Zeitungen hagelte es Kritik. Heute weiß man: Es war ein Dämpfer, der zur rechten Zeit kam, denn im Finale von Rom fanden die Deutschen zur Bestform zurück und Horst Hrubesch schoss und köpfte sie gegen Belgien zum zweiten EM-Titel (2:1).

WM 1990: Später Dämpfer gegen Kolumbien

Auch das zweite Kapitel der guten Omen spielt in Italien: die WM 1990. Der Kaiser regierte Fußball-Deutschland seit sechs Jahren und hatte seinen Abschied schon angekündigt. Ohne Titel wollten die Spieler Franz Beckenbauer nicht ziehen lassen. Das beste von sieben Spielen stand gleich am Anfang, nun machte ein anderer das Länderspiel seines Lebens: Lothar Matthäus schoss beim 4:1 gegen Jugoslawien zwei Tore. Gegen Außenseiter Vereinigte Arabische Emirate gab es bei Blitz und Donner auch einen Torhagel, diesmal stand ein 5:1 auf der Anzeigetafel von San Siro. Der Gruppensieg war schon geschafft, prompt gab es gegen Kolumbien den schwächsten Auftritt in Mailand. Beckenbauer sah - ganz Nagelsmann - "keinen Grund etwas zu ändern".

Zu einem Wechsel zwang den Kaiser das Gesetzbuch: Der gelbgesperrte Andy Brehme wurde durch Hansi Pflügler ersetzt. Das Spiel bot wenig Aufregendes, bis kurz vor Ende ein Doppelknall ertönte. Pierre Littbarski drosch den Ball nach Vorlage von Rudi Völler unter die Latte (89.), der dritte Sieg schien eingefahren. Die damit aber ausgeschiedenen Kolumbianer gaben nicht auf, und in der dritten Minute der Nachspielzeit glich Rincon aus. Beckenbauer nahm es gelassen: "Der Druck für eine große Leistung hat gefehlt. Es war ein Spiel, das wir zwar gewinnen wollten, aber nicht gewinnen mussten. Es ist ganz gut, dass wir diesen kleinen Dämpfer bekommen haben." Wie wahr - fortan gab es nur noch Siege und am Ende den Pokal.

EM 1996: Schreckmoment gegen Italien

1996 in England leitete sein Nachfolger Berti Vogts die Nationalmannschaft. "Auf Jahre hinaus nicht zu besiegen" war sie zwar nicht, wie es der Kaiser zum Abschied versprochen war, aber in jenem EM-Turnier von England zumindest fand sich kein Besserer. Gegen die Tschechen trafen Christian Ziege und Andy Möller schon vor der Pause, es blieb beim 2:0. Gegen die Russen wurde es noch deutlicher (3:0), Matthias Sammer und zweimal Jürgen Klinsmann trugen sich in die Torschützenliste ein. Zwei Siege zum Start, das Weiterkommen war dennoch noch nicht perfekt. Denn drei Teams hätten auf sechs Punkte kommen können, darunter der letzte Gegner in Manchester - Italien.

Vogts schonte niemanden, musste aber wegen Sperren und Verletzungen umbauen. Erstmals waren die Deutschen bei dieser EM nicht überlegen, nach Chancen siegte Italien 7:3. Fast 90 Minuten stand das Team mit dem Rücken zur Wand, aber Italien hatte wieder mal keinen Torjäger. Selbst einen Elfmeter nutzten sie nicht, Zola scheiterte an Andy Köpke, der auch sonst herausragend hielt. Auch die halbstündige Unterzahl nach dem Platzverweis für Thomas Strunz überstanden die Deutschen, mit denen auf der Tribüne Bundeskanzler Helmut Kohl und Tennisstar Boris Becker zitterten.

Dann war es geschafft, die hart umkämpfte Nullnummer von Manchester schweißte die Mannschaft mehr zusammen als alle lockeren Siege zuvor. Vogts erkannte: "Die Mannschaft gibt alles und ist bereit sich zu quälen." Das tat sie noch in drei K.o.-Spielen und wurde in Wembley Europameister - zum bis dato letzten Mal. Aber diesmal stimmt ja die Vorrundenformel wieder.

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