Vielreisende im Rollstuhl: Die Groundhopping-Zwillinge

André und Marcel Fricke sitzen aufgrund einer Bewegungsstörung im Rollstuhl. Stadionbesuche müssen daher gut durchgeplant sein. Das hindert sie allerdings nicht daran, bis zu drei Fußballspiele am Tag zu besuchen. DFB.de hat die Edelfans gesprochen.

Sie sitzen im Rollstuhl und legen in einem Jahr dennoch rund 50.000 Kilometer zurück. André und Marcel Fricke sind Groundhopper. Ob nun Länderspiele vor zehntausenden von Zuschauern oder Amateurspiele in der Oberliga - die beiden 26-Jährigen sind überall anzutreffen. Es gab sogar schon einmal Tage, an denen sie drei Fußballspiele hintereinander besuchten. "Ich brauche einfach das Liveerlebnis", sagt André im Gespräch mit DFB.de. "Wenn man sich ein Fußballspiel im Fernsehen anschaut, ist man danach so schnell wieder im Alltag. Geht man ins Stadion oder unternimmt man sogar eine Auswärtsfahrt, ist das ein richtiges Erlebnis."

Die beiden Lübecker sind Fans des Hamburger SV. Nicht nur von den Profis in der 2. Bundesliga, sondern auch von der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord und der dritten Mannschaft in der Oberliga Hamburg. Ihr Ziel: möglichst kein Spiel dieser drei Teams verpassen. Selbst die Urlaubsplanung richtet sich nach der Saisonvorbereitung des HSV. "Wir sind beim Sommertrainingslager fast immer dabei", sagt André stolz. "Dadurch entstehen Kontakte zu Mitarbeitern des Vereins und teilweise auch zu den Spielern." Marcel ergänzt: "Als der HSV 2018 aus der Bundesliga abgestiegen ist, habe ich geweint. Es wäre cool, wenn sie wieder aufsteigen würden."

Große Fans der deutschen Nationalmannschaft

Auch die deutsche Nationalmannschaft haben sie ins Herz geschlossen. "Früher war ich von den Länderspielpausen genervt, weil mein HSV nicht spielte, aber mittlerweile hat sich das komplett geändert", sagt André. "Wir reisen zu den Spielen, sehen dadurch andere Stadien und lernen andere Ecken kennen." Bevor sie zum Beispiel im September das WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Armenien in Stuttgart besuchten, schauten sie sich noch eine Partie des SSV Zuffenhausen an.

Das Highlight: Bei der Europameisterschaft 2021 waren die Fricke-Zwillinge in München beim Vorrundenspiel zwischen Deutschland und Portugal vor Ort. "Da haben wir uns das beste Spiel ausgesucht", sagt Marcel über den 4:2-Triumph. Bei Heimspielen innerhalb von Deutschland sind die beiden Fußballfans praktisch immer vor Ort. Bei Auswärtsspielen, zum Beispiel in Amsterdam, zumindest teilweise.

Jede Auswärtsfahrt fordert eine genaue Planung

Das Reisen findet bei den Zwillingen unter erschwerten Bedingungen statt. Die 26-Jährigen sind seit ihrer Geburt von der Bewegungsstörung Cerebralparese betroffen. "Als Rollstuhlfahrer müssen wir die Reisen sehr genau durchplanen", verrät Marcel. Das gilt besonders für Bahnreisen: Die Zwillinge sind auf Begleitpersonen angewiesen. Weil es in den Zügen oft nur ein oder zwei Rollstuhlplätze gibt, müssen sie bei ihrer Buchung schnell sein. Allerdings nicht am heimischen Computer, sondern im Reisezentrum der deutschen Bahn vor Ort. "Onlinebuchungen sind in diesem Fall leider nicht möglich", sagt André.

Doch eine Buchung allein garantiert noch keine angenehme Reise. Wie lange sind die Umsteigezeiten? Gibt es am Bahnhof Aufzüge? Gelangen sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Stadion oder gibt es einen Shuttle-Service? All dies muss im Vorfeld geklärt sein. Manchmal bevorzugen sie auch die Anfahrt mit dem Auto. Mutter Susanne und Vater Uwe unterstützen die Fußballleidenschaft ihrer Söhne und fahren sie quer durch die Bundesrepublik. "Aber auch dann müssen wir schauen, wo die Parkplätze sind, wie wir von dort ins Stadion kommen und wo sich die Zuschauerplätze für die Rollstuhlfahrer befinden", gibt Marcel zu bedenken.

Mit den Rollstühlen zwischen den Trainerbänken

Manchmal haben sie Glück und werden mit einem besonders guten Platz belohnt. Bei einem Testspiel des HSV in Kitzbühel saßen sie einmal direkt zwischen den Trainerbänken und konnten jede Anweisung der Trainer mitverfolgen.

Die vielen Fußballreisen verschlingen einen Großteil ihres Einkommens. Marcel arbeitet im Rechnungswesen der Vorwerker Diakonie in Lübeck, André möchte sich beruflich neu orientieren. "Zum Glück sind unsere Tickets günstiger als normale Tickets", sagt André, "aber die Auswärtsreisen mit Hotelübernachtungen kosten trotzdem viel Geld."

Doch die Erlebnisse, die sie dabei sammeln, sind ihnen jeden Euro wert. 

[oj]

André und Marcel Fricke sitzen aufgrund einer Bewegungsstörung im Rollstuhl. Stadionbesuche müssen daher gut durchgeplant sein. Das hindert sie allerdings nicht daran, bis zu drei Fußballspiele am Tag zu besuchen. DFB.de hat die Edelfans gesprochen.

Sie sitzen im Rollstuhl und legen in einem Jahr dennoch rund 50.000 Kilometer zurück. André und Marcel Fricke sind Groundhopper. Ob nun Länderspiele vor zehntausenden von Zuschauern oder Amateurspiele in der Oberliga - die beiden 26-Jährigen sind überall anzutreffen. Es gab sogar schon einmal Tage, an denen sie drei Fußballspiele hintereinander besuchten. "Ich brauche einfach das Liveerlebnis", sagt André im Gespräch mit DFB.de. "Wenn man sich ein Fußballspiel im Fernsehen anschaut, ist man danach so schnell wieder im Alltag. Geht man ins Stadion oder unternimmt man sogar eine Auswärtsfahrt, ist das ein richtiges Erlebnis."

Die beiden Lübecker sind Fans des Hamburger SV. Nicht nur von den Profis in der 2. Bundesliga, sondern auch von der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord und der dritten Mannschaft in der Oberliga Hamburg. Ihr Ziel: möglichst kein Spiel dieser drei Teams verpassen. Selbst die Urlaubsplanung richtet sich nach der Saisonvorbereitung des HSV. "Wir sind beim Sommertrainingslager fast immer dabei", sagt André stolz. "Dadurch entstehen Kontakte zu Mitarbeitern des Vereins und teilweise auch zu den Spielern." Marcel ergänzt: "Als der HSV 2018 aus der Bundesliga abgestiegen ist, habe ich geweint. Es wäre cool, wenn sie wieder aufsteigen würden."

Große Fans der deutschen Nationalmannschaft

Auch die deutsche Nationalmannschaft haben sie ins Herz geschlossen. "Früher war ich von den Länderspielpausen genervt, weil mein HSV nicht spielte, aber mittlerweile hat sich das komplett geändert", sagt André. "Wir reisen zu den Spielen, sehen dadurch andere Stadien und lernen andere Ecken kennen." Bevor sie zum Beispiel im September das WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Armenien in Stuttgart besuchten, schauten sie sich noch eine Partie des SSV Zuffenhausen an.

Das Highlight: Bei der Europameisterschaft 2021 waren die Fricke-Zwillinge in München beim Vorrundenspiel zwischen Deutschland und Portugal vor Ort. "Da haben wir uns das beste Spiel ausgesucht", sagt Marcel über den 4:2-Triumph. Bei Heimspielen innerhalb von Deutschland sind die beiden Fußballfans praktisch immer vor Ort. Bei Auswärtsspielen, zum Beispiel in Amsterdam, zumindest teilweise.

Jede Auswärtsfahrt fordert eine genaue Planung

Das Reisen findet bei den Zwillingen unter erschwerten Bedingungen statt. Die 26-Jährigen sind seit ihrer Geburt von der Bewegungsstörung Cerebralparese betroffen. "Als Rollstuhlfahrer müssen wir die Reisen sehr genau durchplanen", verrät Marcel. Das gilt besonders für Bahnreisen: Die Zwillinge sind auf Begleitpersonen angewiesen. Weil es in den Zügen oft nur ein oder zwei Rollstuhlplätze gibt, müssen sie bei ihrer Buchung schnell sein. Allerdings nicht am heimischen Computer, sondern im Reisezentrum der deutschen Bahn vor Ort. "Onlinebuchungen sind in diesem Fall leider nicht möglich", sagt André.

Doch eine Buchung allein garantiert noch keine angenehme Reise. Wie lange sind die Umsteigezeiten? Gibt es am Bahnhof Aufzüge? Gelangen sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Stadion oder gibt es einen Shuttle-Service? All dies muss im Vorfeld geklärt sein. Manchmal bevorzugen sie auch die Anfahrt mit dem Auto. Mutter Susanne und Vater Uwe unterstützen die Fußballleidenschaft ihrer Söhne und fahren sie quer durch die Bundesrepublik. "Aber auch dann müssen wir schauen, wo die Parkplätze sind, wie wir von dort ins Stadion kommen und wo sich die Zuschauerplätze für die Rollstuhlfahrer befinden", gibt Marcel zu bedenken.

Mit den Rollstühlen zwischen den Trainerbänken

Manchmal haben sie Glück und werden mit einem besonders guten Platz belohnt. Bei einem Testspiel des HSV in Kitzbühel saßen sie einmal direkt zwischen den Trainerbänken und konnten jede Anweisung der Trainer mitverfolgen.

Die vielen Fußballreisen verschlingen einen Großteil ihres Einkommens. Marcel arbeitet im Rechnungswesen der Vorwerker Diakonie in Lübeck, André möchte sich beruflich neu orientieren. "Zum Glück sind unsere Tickets günstiger als normale Tickets", sagt André, "aber die Auswärtsreisen mit Hotelübernachtungen kosten trotzdem viel Geld."

Doch die Erlebnisse, die sie dabei sammeln, sind ihnen jeden Euro wert. 

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