Uwe Rahn: "Der verschollene Nationalspieler" ist zurück

Lange galt er als verschollen, nun ist er wieder da. Uwe Rahn hat Länderspielgeschichte geschrieben, mit Borussia Mönchengladbach hat er große Spiele gespielt, für Gladbach hat er wichtige Tore erzielt. Seine Karriere ließ er Mitte der 90er-Jahre bei den Urawa Red Diamonds in Japan ausklingen. Danach wurde es ruhig um ihn. Was hat er in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten gemacht, wie blickt er heute auf seine Karriere? DFB.de hat sich mit Uwe Rahn getroffen.

Der Termin mit Uwe Rahn beginnt mit einem Umstand, den viele gerade ihm nicht zutrauen würden: Rahn ist überpräsent, er ist da, obwohl er gar nicht da sein sollte. Wir sind für 15 Uhr im Hotel Felix in Bensheim verabredet, schon um 14.20 Uhr schreitet Uwe Rahn fröhlich über die Terrasse. "Hallo, ich bin Uwe Rahn", sagt Uwe Rahn. Eine höfliche Vorstellung, die in seinem Fall nicht notwendig gewesen wäre.

Die Jahre und Jahrzehnte sind an ihm fast spurlos vorbeigegangen, er ist trainiert, schlank und fit. Der Vergleich mit Fotos aus den 90er-Jahren stellt ihm ein gutes Zeugnis aus, sein Erscheinungsbild ist eine Ohrfeige für andere 57-Jährige. Klar, ein paar Wehwehchen gibt es, aber Rahn will nicht klagen. Seit ein paar Jahren macht die Bandscheibe hin und wieder Probleme, Rahn kommt gerade aus der Reha, eine Operation hat er bislang erfolgreich vermieden. "Mir geht's gut" - Rahn muss das gar nicht sagen, der ganze Rahn strahlt Wohlbefinden aus.

"Der verschollene Nationalspieler"

Wir treffen uns in Bensheim, weil Rahn hier im Hotel, das einem Freund gehört, immer ein Zimmer bucht, wenn er seine Mutter besucht oder Termine in Mannheim oder Frankfurt hat. Auch als Fußballer hinterlässt er Spuren in Bensheim. Rahn ist stolzes Mitglied der "Sonntagkicker". Jeden Sonntag trifft sich eine Gruppe von Männern im besten Alter im Weiherhausstadion zum Kicken, von zehn bis zwölf, gespielt wird bei Wind und Wetter. Für Rahn gilt – bei Wind und Wetter und vor allem: bei Gelegenheit. Zwei, drei Mal im Jahr, schätzt er, schafft er es, mitzuspielen. Nur. Leider.

Wir gehen durch den Garten zum Pavillon des Hotels, machen es uns für das Gespräch bequem. Eine Frage schwebt zunächst ungestellt im Raum: Was haben Sie die ganze Zeit gemacht, Herr Rahn?

"Der verschollene Nationalspieler" – wer den Namen Uwe Rahn googelt, stößt ziemlich schnell auf Texte und Beiträge, die diese oder ähnliche Überschriften haben. Seine auch ansonsten bemerkenswerte Geschichte wird dadurch immer mehr verdrängt. Bei seinem Debüt für die Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel 1984 gegen Schweden erzielte Rahn 19 Sekunden nach seiner Einwechslung das 1:0, deutsche Fußballgeschichte, bis heute hat kein Debütant schneller getroffen. "Es war ein Traum, den ich gar nicht geträumt hatte", sagt Rahn dazu. "Beim ersten Länderspiel mit dem ersten Ballkontakt das erste Tor zu erzielen – das ist schon sehr, sehr speziell."

WM 1986 ohne Einsatz? - "Wahnsinn!"

Bei der WM 1986 in Mexiko war Rahn dabei, kam aber nicht zum Einsatz. Groll hegt er nicht deswegen. "Vor Ort war es ein überwältigendes und faszinierendes Erlebnis. So eine WM aus der Perspektive eines Spielers zu erleben - wer träumt nicht davon? Es war Wahnsinn!" Rahn kann die Dinge gut einschätzen, und er hat seinen Frieden gemacht mit seinen und den Fehlern anderer. "Ich habe viel mitgenommen aus Mexiko und denke lieber an die vielen positiven Erlebnisse. Ich weiß noch, wie ich beim Endspiel aus der Kabine kam und mir Diego Maradona über den Weg lief. Das bedeutet mir etwas. Es ist ja nicht Nichts, es bis dahin geschafft zu haben."

Und selbst wenn die WM damals für ihn eine kleine Enttäuschung gewesen ist – Rahn hat ihr eine große Saison folgen lassen. Mit 24 Treffen wurde er Torschützenkönig der Spielzeit 1986/1987 und später zum Fußballer des Jahres gewählt. Die Geschichte von Uwe Rahn hat viele Aspekte. 14 Länderspiele stehen in seiner Vita, "nur 14", wie er heute sagt.

Auf seine beste Spielzeit folgte ein Bruch, auch wegen mehrerer Verletzungen konnte Rahn nur noch punktuell an seine Glanzzeiten anknüpfen. Über die Stationen Köln, Hertha, Düsseldorf und Frankfurt landete er schließlich in Japan. "Das war eine überragende Erfahrung", sagt er. "Wer die Chance hat, so etwas zu machen, sollte das unbedingt tun. Ich habe die Zeit bei Urawa Reds und in Japan sehr genossen und habe viel gelernt." Noch etwas ist ihm in diesem Zusammenhang wichtig: "Die zwei Jahre in Japan waren für mich eine schöne und interessante Zeit. Zu verdanken habe ich das Franz Beckenbauer – er hat das damals vermittelt."

"Es gab nie einen Bruch"

Rahn hat viel zu erzählen, und wir hören gerne zu. Dann fangen wir die schwebende Frage ein. Einmal räuspern, Luft holen, und bitte: Was haben Sie in den vergangenen 25 Jahren gemacht, wie wurden Sie zum "verschollenen Nationalspieler"?

"Entstanden ist das Ganze nur, weil es einen Journalisten gab, der unbedingt etwas mit mir machen wollte. Ich wollte aber nicht. Und er hat zwar gebohrt und gebohrt, aber damit meine Meinung nicht geändert. Daraus wurde dann, dass ich verschollen sei. Und das war zu einer Zeit, in der ich noch für jeden greifbar war, in der Portas-Fußballschule mitgearbeitet und regelmäßig für die Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft gespielt habe."

Dann ist an dieser Geschichte also gar nichts dran? "Zu diesem Zeitpunkt absolut nicht. Später war es dann so, dass sich die Wege einfach immer mehr getrennt haben. Es gab nie einen Bruch, einen Streit mit irgendwem. Aber wie es halt so ist, man verliert sich aus den Augen. Dann zieht man um, wechselt die Telefonnummer, und andere genauso. Durch meine Frau habe ich viele neue Bekanntschaften geschlossen, Freundschaften sind entstanden. So habe ich den Bezug und die Kontakte zum Fußball immer mehr verloren. Und dann wurden aus Wochen Monate und aus Monaten Jahre."

Sechs Jahre hat er in Mol in Belgien verbracht, neun in Varese in Italien. Seine Frau hat dort jeweils als Leiterin der internationalen Schule gearbeitet, so wie auch in Landshut, wo sich das Paar mittlerweile niedergelassen hat.

Aktienhandel seine neue Passion

Und was macht Rahn? Der ehemalige Nationalspieler handelt mit Aktien. "Ich kaufe und verkaufe nach einem bestimmten System, das ich selbst entwickelt habe", sagt er. Mit der Börse ist er schon vor Jahrzehnten in eine ganz neue und andere Welt eingetaucht. Entstanden ist dies durch einen Journalisten zu seiner Zeit bei Hertha BSC. "Bei einem Interview hat er die ganze Zeit Kurse gecheckt", erzählt Rahn. "Ich habe ihn gefragt, was er da macht und er hat es mir erzählt." Diese andere Welt hat ihn nach dem ersten Kontakt nicht mehr losgelassen. "Heute ist es so, dass ich schon am Sonntagabend der Börsenöffnung am Montag entgegenfiebere", sagt Rahn.

Der Fußball stand in seiner Prioritätenliste lange Zeit ziemlich weit unten. Länderspiele hat er verfolgt, Vereinsfußball fast gar nicht. Rahn hat kein Sky-Abo, Streamingdienste wie DAZN sind ihm fremd. Wenn er vor der Wahl stand, die Sportschau zu schauen oder mit seiner Frau Essen zu gehen oder Freunde zu treffen – König Fußball zog den Kürzeren.

Mittlerweile aber haben sich Rahn und der Fußball wieder angenähert. Zu verdanken haben beide dies der Eröffnung der "Fohlenwelt", dem Museum von Borussia Mönchengladbach Anfang Mai diesen Jahres. Rahn wurde eingeladen, Rahn nahm die Einladung an, Rahn kam hin. Rahn erzählt: "Elmar Kreuels, der Leiter der Fohlenwelt, hat sich sehr für mich eingesetzt. Ein Highlight war dabei, dass ich im Rahmen der Eröffnung nach 32 Jahren meine Torjägerkanone überreicht bekam." Nervös sei er gewesen, räumt er ein, eben weil er zwar nicht verschollen war, aber doch lange andere Prioritäten vor den Fußball gesetzt hatte. "Man weiß ja nie so ganz sicher, wie die Leute auf einen reagieren", sagt er.

Rahn will künftig öfter im Stadion sein

Wie die Leute in seinem Fall reagiert haben, weiß er jetzt: ausschließlich positiv. "Mich hat sehr gefreut, wie sehr sich viele gefreut haben, mich zu sehen. Das war ein sehr schönes Gefühl", sagt er. "Für mich war es ein Erlebnis, die Jungs wiederzutreffen. Winni Hannes, Matthäus, Effenberg. Es war sehr schön und sehr emotional." Ganz besonders das Wiedersehen mit Trainer Jupp Heynckes und genauso die Gespräche mit Bernd Krauss und Christian Hochstätter.

Rahn hat sich fest vorgenommen, die alten, neuen Kontakte zu pflegen. Er hat jetzt gemerkt, dass ihm vorher unbewusst doch etwas gefehlt hat, dass der Fußball eine Bereicherung für ihn sein kann. Mit Jupp Heynckes hat er sich schon verabredet, mit Christian Hochstätter wird er sich treffen. Ein, zwei Mal pro Saison will er sich künftig im Borussia Park blicken lassen und auch bei Länderspielen zugegen sein. Der verschollene Nationalspieler – diese Zeiten sind nun aus jeder Perspektive vorbei.

Zum Abschluss stellen wir noch die Frage nach der Karrierebilanz, wie zufrieden er mit dem Erreichten ist. Die Antwort ist ein letzter Monolog, der einen sehr schönen Inhalt hat. "Ich hätte gerne noch mehr Spiele mit der Nationalmannschaft gemacht und ich hätte gerne auch mal einen Titel mit meinen Mannschaften gewonnen. Das fehlt mir", sagt er. "Aber ich habe mir den Traum von der Bundesliga erfüllt und ich habe mir den Traum von der Nationalmannschaft erfüllt. Ich glaube, dass ich viel mehr richtig als falsch gemacht habe. Ich habe viele tolle Menschen kennen gelernt, habe viele interessante Erfahrungen gemacht. Der Fußball war für mich ein wesentliches Kapitel eines bislang großartigen Lebens. Wie könnte ich da nicht zufrieden sein?!"

[sl/um]

Lange galt er als verschollen, nun ist er wieder da. Uwe Rahn hat Länderspielgeschichte geschrieben, mit Borussia Mönchengladbach hat er große Spiele gespielt, für Gladbach hat er wichtige Tore erzielt. Seine Karriere ließ er Mitte der 90er-Jahre bei den Urawa Red Diamonds in Japan ausklingen. Danach wurde es ruhig um ihn. Was hat er in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten gemacht, wie blickt er heute auf seine Karriere? DFB.de hat sich mit Uwe Rahn getroffen.

Der Termin mit Uwe Rahn beginnt mit einem Umstand, den viele gerade ihm nicht zutrauen würden: Rahn ist überpräsent, er ist da, obwohl er gar nicht da sein sollte. Wir sind für 15 Uhr im Hotel Felix in Bensheim verabredet, schon um 14.20 Uhr schreitet Uwe Rahn fröhlich über die Terrasse. "Hallo, ich bin Uwe Rahn", sagt Uwe Rahn. Eine höfliche Vorstellung, die in seinem Fall nicht notwendig gewesen wäre.

Die Jahre und Jahrzehnte sind an ihm fast spurlos vorbeigegangen, er ist trainiert, schlank und fit. Der Vergleich mit Fotos aus den 90er-Jahren stellt ihm ein gutes Zeugnis aus, sein Erscheinungsbild ist eine Ohrfeige für andere 57-Jährige. Klar, ein paar Wehwehchen gibt es, aber Rahn will nicht klagen. Seit ein paar Jahren macht die Bandscheibe hin und wieder Probleme, Rahn kommt gerade aus der Reha, eine Operation hat er bislang erfolgreich vermieden. "Mir geht's gut" - Rahn muss das gar nicht sagen, der ganze Rahn strahlt Wohlbefinden aus.

"Der verschollene Nationalspieler"

Wir treffen uns in Bensheim, weil Rahn hier im Hotel, das einem Freund gehört, immer ein Zimmer bucht, wenn er seine Mutter besucht oder Termine in Mannheim oder Frankfurt hat. Auch als Fußballer hinterlässt er Spuren in Bensheim. Rahn ist stolzes Mitglied der "Sonntagkicker". Jeden Sonntag trifft sich eine Gruppe von Männern im besten Alter im Weiherhausstadion zum Kicken, von zehn bis zwölf, gespielt wird bei Wind und Wetter. Für Rahn gilt – bei Wind und Wetter und vor allem: bei Gelegenheit. Zwei, drei Mal im Jahr, schätzt er, schafft er es, mitzuspielen. Nur. Leider.

Wir gehen durch den Garten zum Pavillon des Hotels, machen es uns für das Gespräch bequem. Eine Frage schwebt zunächst ungestellt im Raum: Was haben Sie die ganze Zeit gemacht, Herr Rahn?

"Der verschollene Nationalspieler" – wer den Namen Uwe Rahn googelt, stößt ziemlich schnell auf Texte und Beiträge, die diese oder ähnliche Überschriften haben. Seine auch ansonsten bemerkenswerte Geschichte wird dadurch immer mehr verdrängt. Bei seinem Debüt für die Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel 1984 gegen Schweden erzielte Rahn 19 Sekunden nach seiner Einwechslung das 1:0, deutsche Fußballgeschichte, bis heute hat kein Debütant schneller getroffen. "Es war ein Traum, den ich gar nicht geträumt hatte", sagt Rahn dazu. "Beim ersten Länderspiel mit dem ersten Ballkontakt das erste Tor zu erzielen – das ist schon sehr, sehr speziell."

WM 1986 ohne Einsatz? - "Wahnsinn!"

Bei der WM 1986 in Mexiko war Rahn dabei, kam aber nicht zum Einsatz. Groll hegt er nicht deswegen. "Vor Ort war es ein überwältigendes und faszinierendes Erlebnis. So eine WM aus der Perspektive eines Spielers zu erleben - wer träumt nicht davon? Es war Wahnsinn!" Rahn kann die Dinge gut einschätzen, und er hat seinen Frieden gemacht mit seinen und den Fehlern anderer. "Ich habe viel mitgenommen aus Mexiko und denke lieber an die vielen positiven Erlebnisse. Ich weiß noch, wie ich beim Endspiel aus der Kabine kam und mir Diego Maradona über den Weg lief. Das bedeutet mir etwas. Es ist ja nicht Nichts, es bis dahin geschafft zu haben."

Und selbst wenn die WM damals für ihn eine kleine Enttäuschung gewesen ist – Rahn hat ihr eine große Saison folgen lassen. Mit 24 Treffen wurde er Torschützenkönig der Spielzeit 1986/1987 und später zum Fußballer des Jahres gewählt. Die Geschichte von Uwe Rahn hat viele Aspekte. 14 Länderspiele stehen in seiner Vita, "nur 14", wie er heute sagt.

Auf seine beste Spielzeit folgte ein Bruch, auch wegen mehrerer Verletzungen konnte Rahn nur noch punktuell an seine Glanzzeiten anknüpfen. Über die Stationen Köln, Hertha, Düsseldorf und Frankfurt landete er schließlich in Japan. "Das war eine überragende Erfahrung", sagt er. "Wer die Chance hat, so etwas zu machen, sollte das unbedingt tun. Ich habe die Zeit bei Urawa Reds und in Japan sehr genossen und habe viel gelernt." Noch etwas ist ihm in diesem Zusammenhang wichtig: "Die zwei Jahre in Japan waren für mich eine schöne und interessante Zeit. Zu verdanken habe ich das Franz Beckenbauer – er hat das damals vermittelt."

"Es gab nie einen Bruch"

Rahn hat viel zu erzählen, und wir hören gerne zu. Dann fangen wir die schwebende Frage ein. Einmal räuspern, Luft holen, und bitte: Was haben Sie in den vergangenen 25 Jahren gemacht, wie wurden Sie zum "verschollenen Nationalspieler"?

"Entstanden ist das Ganze nur, weil es einen Journalisten gab, der unbedingt etwas mit mir machen wollte. Ich wollte aber nicht. Und er hat zwar gebohrt und gebohrt, aber damit meine Meinung nicht geändert. Daraus wurde dann, dass ich verschollen sei. Und das war zu einer Zeit, in der ich noch für jeden greifbar war, in der Portas-Fußballschule mitgearbeitet und regelmäßig für die Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft gespielt habe."

Dann ist an dieser Geschichte also gar nichts dran? "Zu diesem Zeitpunkt absolut nicht. Später war es dann so, dass sich die Wege einfach immer mehr getrennt haben. Es gab nie einen Bruch, einen Streit mit irgendwem. Aber wie es halt so ist, man verliert sich aus den Augen. Dann zieht man um, wechselt die Telefonnummer, und andere genauso. Durch meine Frau habe ich viele neue Bekanntschaften geschlossen, Freundschaften sind entstanden. So habe ich den Bezug und die Kontakte zum Fußball immer mehr verloren. Und dann wurden aus Wochen Monate und aus Monaten Jahre."

Sechs Jahre hat er in Mol in Belgien verbracht, neun in Varese in Italien. Seine Frau hat dort jeweils als Leiterin der internationalen Schule gearbeitet, so wie auch in Landshut, wo sich das Paar mittlerweile niedergelassen hat.

Aktienhandel seine neue Passion

Und was macht Rahn? Der ehemalige Nationalspieler handelt mit Aktien. "Ich kaufe und verkaufe nach einem bestimmten System, das ich selbst entwickelt habe", sagt er. Mit der Börse ist er schon vor Jahrzehnten in eine ganz neue und andere Welt eingetaucht. Entstanden ist dies durch einen Journalisten zu seiner Zeit bei Hertha BSC. "Bei einem Interview hat er die ganze Zeit Kurse gecheckt", erzählt Rahn. "Ich habe ihn gefragt, was er da macht und er hat es mir erzählt." Diese andere Welt hat ihn nach dem ersten Kontakt nicht mehr losgelassen. "Heute ist es so, dass ich schon am Sonntagabend der Börsenöffnung am Montag entgegenfiebere", sagt Rahn.

Der Fußball stand in seiner Prioritätenliste lange Zeit ziemlich weit unten. Länderspiele hat er verfolgt, Vereinsfußball fast gar nicht. Rahn hat kein Sky-Abo, Streamingdienste wie DAZN sind ihm fremd. Wenn er vor der Wahl stand, die Sportschau zu schauen oder mit seiner Frau Essen zu gehen oder Freunde zu treffen – König Fußball zog den Kürzeren.

Mittlerweile aber haben sich Rahn und der Fußball wieder angenähert. Zu verdanken haben beide dies der Eröffnung der "Fohlenwelt", dem Museum von Borussia Mönchengladbach Anfang Mai diesen Jahres. Rahn wurde eingeladen, Rahn nahm die Einladung an, Rahn kam hin. Rahn erzählt: "Elmar Kreuels, der Leiter der Fohlenwelt, hat sich sehr für mich eingesetzt. Ein Highlight war dabei, dass ich im Rahmen der Eröffnung nach 32 Jahren meine Torjägerkanone überreicht bekam." Nervös sei er gewesen, räumt er ein, eben weil er zwar nicht verschollen war, aber doch lange andere Prioritäten vor den Fußball gesetzt hatte. "Man weiß ja nie so ganz sicher, wie die Leute auf einen reagieren", sagt er.

Rahn will künftig öfter im Stadion sein

Wie die Leute in seinem Fall reagiert haben, weiß er jetzt: ausschließlich positiv. "Mich hat sehr gefreut, wie sehr sich viele gefreut haben, mich zu sehen. Das war ein sehr schönes Gefühl", sagt er. "Für mich war es ein Erlebnis, die Jungs wiederzutreffen. Winni Hannes, Matthäus, Effenberg. Es war sehr schön und sehr emotional." Ganz besonders das Wiedersehen mit Trainer Jupp Heynckes und genauso die Gespräche mit Bernd Krauss und Christian Hochstätter.

Rahn hat sich fest vorgenommen, die alten, neuen Kontakte zu pflegen. Er hat jetzt gemerkt, dass ihm vorher unbewusst doch etwas gefehlt hat, dass der Fußball eine Bereicherung für ihn sein kann. Mit Jupp Heynckes hat er sich schon verabredet, mit Christian Hochstätter wird er sich treffen. Ein, zwei Mal pro Saison will er sich künftig im Borussia Park blicken lassen und auch bei Länderspielen zugegen sein. Der verschollene Nationalspieler – diese Zeiten sind nun aus jeder Perspektive vorbei.

Zum Abschluss stellen wir noch die Frage nach der Karrierebilanz, wie zufrieden er mit dem Erreichten ist. Die Antwort ist ein letzter Monolog, der einen sehr schönen Inhalt hat. "Ich hätte gerne noch mehr Spiele mit der Nationalmannschaft gemacht und ich hätte gerne auch mal einen Titel mit meinen Mannschaften gewonnen. Das fehlt mir", sagt er. "Aber ich habe mir den Traum von der Bundesliga erfüllt und ich habe mir den Traum von der Nationalmannschaft erfüllt. Ich glaube, dass ich viel mehr richtig als falsch gemacht habe. Ich habe viele tolle Menschen kennen gelernt, habe viele interessante Erfahrungen gemacht. Der Fußball war für mich ein wesentliches Kapitel eines bislang großartigen Lebens. Wie könnte ich da nicht zufrieden sein?!"

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