Thomas Reuter: Warum Niederlagen für Fans wichtig sind

"Ich bin ganz ehrlich", holt Thomas Reuter aus, "im ersten Moment ist alles Mist." Da fährt oder fliegt man hunderte - manchmal sogar tausende – Kilometer quer durch Deutschland, Europa oder die ganze Welt. Nimmt beschwerliche Wege auf sich, schlägt sich die Nacht am Steuer, im Zug oder Flugzeug um die Ohren. Gibt sein Erspartes aus, opfert Urlaubstage und viel Zeit. Nur um zu verlieren, abzusteigen oder auszuscheiden und auf dem Rückweg die ganze Tortur wieder auf sich zu nehmen.

Jeder Fan, der seiner Mannschaft hinterherreist, kennt dieses Gefühl. "Wäre ich doch einfach mit dem Hund in den Wald gegangen", schimpft Thomas in der ersten Emotion. Seit fast 40 Jahren macht er dieses Spiel nun mit. Zunächst nur als Fan des 1. FC Kaiserslautern, seit 1996 auch mit der Nationalmannschaft. Und trotzdem zieht es ihn immer wieder ins Stadion. Denn das Fan Club-Mitglied weiß auch: Niederlagen sind wichtig.

Siege zu schätzen wissen

Dazu zählen auch die Tiefschläge. 1998 fährt er nachts zum WM-Viertelfinale nach Lyon, übernachtet im Auto, putzt sich unterwegs die Zähne an einem nahegelegenen Fluss, um dann 0:3 gegen Kroatien zu verlieren. 2006 sieht er, wie die Euphoriewelle einer ganzen Nation von Fabio Grossos Schuss ins lange Eck gebrochen wird. 2018 steht er ungläubig in der Kasan-Arena und verabschiedet die deutsche Mannschaft bereits nach der Vorrunde in den Sommerurlaub. Doch mit ein bisschen Abstand sagt das Fan Club-Mitglied: "Wer noch nie verloren hat, der weiß auch nicht, wie schön es ist zu gewinnen."

Erst die Niederlagen machen die Erfolge zu etwas Besonderen, erklärt der 47-Jährige. Beim EM-Titel 1996 ist er live im Wembley-Stadion dabei. Das WM-Finale 2014 konnte er wegen sechs gebrochener Rippen nur vor dem Fernseher verfolgen. "Das Jubeln hat ganz schön wehgetan", sagt er und lacht. Das 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien sei für sein Schmerzempfinden allerdings noch schlimmer gewesen.

Länderspiele auf der Couch sind bei Thomas die Ausnahme. Eigentlich ist er bei so gut wie jeder Begegnung live dabei. Begleitet wird er zumeist von seinem Sohn Christoph. Reisen und Fußball gehören für die Reuters zusammen. In Europa wurden so schon die meisten Länder besucht. Viele Freundschaften sind entstanden, die der Fan aus Wachenheim an der Weinstraße bei seinen Ausflügen gerne pflegt.

EURO 2020 im Blick

"Da trifft man Leute, die sind genauso drauf wie ich. Da interessiert sich niemand für deinen Verein, dein Alter oder woher du kommst", berichtet Thomas. Es gehe einfach nur um Fußball. Wenn die Reuters unterwegs sind, ist selten alles durchgeplant. "Die spontanen Trips sind meistens die besten", so Thomas und erinnert an eine denkwürdige Fahrt zum EM-Viertelfinale 2012 in Danzig als Vater und Sohn etwas mehr als 24 Stunden vor dem Spiel ohne Hotel und Tickets aufgebrochen sind. Natürlich waren die Reuters am Ende pünktlich im Stadion. Irgendwie klappe das dann immer, beschwört Thomas.

Ganz so abenteuerlich wird es in diesem Sommer nicht werden. Für alle Auftritte der deutschen Mannschaft, Gruppenspiele in Kopenhagen, London, Dublin und Amsterdam sowie für beide Halbfinals und das Endspiel hat sich Thomas bereits Tickets gesichert. Bei der Runde der letzten vier und dem Finale hofft er natürlich auf deutsche Beteiligung – und im Idealfall ohne die Erfahrung von einer Niederlage.

[jh]

"Ich bin ganz ehrlich", holt Thomas Reuter aus, "im ersten Moment ist alles Mist." Da fährt oder fliegt man hunderte - manchmal sogar tausende – Kilometer quer durch Deutschland, Europa oder die ganze Welt. Nimmt beschwerliche Wege auf sich, schlägt sich die Nacht am Steuer, im Zug oder Flugzeug um die Ohren. Gibt sein Erspartes aus, opfert Urlaubstage und viel Zeit. Nur um zu verlieren, abzusteigen oder auszuscheiden und auf dem Rückweg die ganze Tortur wieder auf sich zu nehmen.

Jeder Fan, der seiner Mannschaft hinterherreist, kennt dieses Gefühl. "Wäre ich doch einfach mit dem Hund in den Wald gegangen", schimpft Thomas in der ersten Emotion. Seit fast 40 Jahren macht er dieses Spiel nun mit. Zunächst nur als Fan des 1. FC Kaiserslautern, seit 1996 auch mit der Nationalmannschaft. Und trotzdem zieht es ihn immer wieder ins Stadion. Denn das Fan Club-Mitglied weiß auch: Niederlagen sind wichtig.

Siege zu schätzen wissen

Dazu zählen auch die Tiefschläge. 1998 fährt er nachts zum WM-Viertelfinale nach Lyon, übernachtet im Auto, putzt sich unterwegs die Zähne an einem nahegelegenen Fluss, um dann 0:3 gegen Kroatien zu verlieren. 2006 sieht er, wie die Euphoriewelle einer ganzen Nation von Fabio Grossos Schuss ins lange Eck gebrochen wird. 2018 steht er ungläubig in der Kasan-Arena und verabschiedet die deutsche Mannschaft bereits nach der Vorrunde in den Sommerurlaub. Doch mit ein bisschen Abstand sagt das Fan Club-Mitglied: "Wer noch nie verloren hat, der weiß auch nicht, wie schön es ist zu gewinnen."

Erst die Niederlagen machen die Erfolge zu etwas Besonderen, erklärt der 47-Jährige. Beim EM-Titel 1996 ist er live im Wembley-Stadion dabei. Das WM-Finale 2014 konnte er wegen sechs gebrochener Rippen nur vor dem Fernseher verfolgen. "Das Jubeln hat ganz schön wehgetan", sagt er und lacht. Das 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien sei für sein Schmerzempfinden allerdings noch schlimmer gewesen.

Länderspiele auf der Couch sind bei Thomas die Ausnahme. Eigentlich ist er bei so gut wie jeder Begegnung live dabei. Begleitet wird er zumeist von seinem Sohn Christoph. Reisen und Fußball gehören für die Reuters zusammen. In Europa wurden so schon die meisten Länder besucht. Viele Freundschaften sind entstanden, die der Fan aus Wachenheim an der Weinstraße bei seinen Ausflügen gerne pflegt.

EURO 2020 im Blick

"Da trifft man Leute, die sind genauso drauf wie ich. Da interessiert sich niemand für deinen Verein, dein Alter oder woher du kommst", berichtet Thomas. Es gehe einfach nur um Fußball. Wenn die Reuters unterwegs sind, ist selten alles durchgeplant. "Die spontanen Trips sind meistens die besten", so Thomas und erinnert an eine denkwürdige Fahrt zum EM-Viertelfinale 2012 in Danzig als Vater und Sohn etwas mehr als 24 Stunden vor dem Spiel ohne Hotel und Tickets aufgebrochen sind. Natürlich waren die Reuters am Ende pünktlich im Stadion. Irgendwie klappe das dann immer, beschwört Thomas.

Ganz so abenteuerlich wird es in diesem Sommer nicht werden. Für alle Auftritte der deutschen Mannschaft, Gruppenspiele in Kopenhagen, London, Dublin und Amsterdam sowie für beide Halbfinals und das Endspiel hat sich Thomas bereits Tickets gesichert. Bei der Runde der letzten vier und dem Finale hofft er natürlich auf deutsche Beteiligung – und im Idealfall ohne die Erfahrung von einer Niederlage.