Nikita Legostev: Auswärts zu Hause

Wie aus der Kanone geschossen erzählt er von der "brutal bitteren Niederlage" gegen Italien bei der Heim-WM 2006. "Es war so ein geniales Turnier, so eine geniale Stimmung im ganzen Land", berichtet er, "das Aus im Halbfinale war wie ein Stich ins Herz." Acht Jahre später dann das gleiche Szenario: Wieder Halbfinale, wieder Public Viewing in Wiesbaden. "Es war total verrückt", kommentiert Nikita das 7:1 gegen Brasilien. Auch das Finale verfolgt er mit seiner Frau beim Public Viewing. "Das Tor von Götze", sagt Nikita und sucht nach Worten, "es war unglaublich! Wir haben die komplette Nacht durchgefeiert."

Gefeierter Star als ST1M

Mit Feiern kennt sich Nikita ohnehin bestens aus. Bei Konzerten bringt der Rapper unter seinem Künstlernamen ST1M insbesondere in Osteuropa die Hallen zum Beben. Seine Videos werden im Internet millionenfach abgespielt, er besitzt zehn goldene Schallplatten und hat 2014 mit dem somalisch-kanadischen Hip-Hop-Musiker K’naan den WM-Hit „Wavin’ Flag“ auf Russisch aufgenommen. "Musik ist mein Lebenselixier", sagt er.

Doch wer sich das Leben des Rap-Stars besonders spektakulär vorstellt, sieht sich getäuscht. Morgens bringt er seinen Sohn in den Kindergarten und geht anschließend ins Fitnessstudio. Den Rest des Tages schreibt er Texte oder geht ins Studio und nimmt Songs auf. "Und wenn ich nicht gerade auf Tour bin, gucke ich in meiner Freizeit eben gerne Fußball", ergänzt Nikita. Die nächsten Stadionbesuche sind schon fest eingeplant. Beim Rückspiel in Tallinn und auch beim Heimspiel in Frankfurt gegen Nordirland möchte er unbedingt wieder dabei sein – natürlich in Begleitung von Jekaterina und Robert.

[jh]


1500 Kilometer Luftlinie: So weit ist es von Tallinn nach Mainz. Eine Distanz, die Nikita Legostev mit seiner Frau Jekaterina und seinem Sohn Robert für das EM-Qualifikationsspiel gegen Estland gerne auf sich nimmt. Die kleine Familie aus der Hauptstadt des Baltikumstaats ist seit drei Monaten Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft. Beim Ausflug in die Mainzer Opel-Arena trifft Nikitas alte Heimat auf seine neue.

Nikita wurde vor 32 Jahren im russischen Toljatti geboren. Seit 13 Jahren lebt er in Tallinn. In Russland liegen seine Wurzeln, Estland ist seine Heimat und trotzdem schlägt sein Fußballherz für die deutsche Nationalmannschaft. Den überraschenden Reaktionen auf seine Vorliebe entgegnet er: "Das ist einfach meine Mannschaft. Die sucht man sich nicht aus." 

Doch so ganz aus dem Nichts kommt seine Sympathie für das DFB-Team dann doch nicht. Nikitas Mutter ist Halbdeutsche, mit 14 zog die Familie von Russland nach Wiesbaden. "Und es war Liebe auf den ersten Blick", sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. In Erinnerungen schwelgend, erinnert er sich an seine Anfangszeit in Deutschland und die Weltmeisterschaft 2002 mit einem überragenden Oliver Kahn, der die deutsche Mannschaft als Kapitän ins Finale führte. Seither sei es um ihn geschehen. Nicht nur die Nationalmannschaft, sondern der gesamte deutsche Fußball fasziniert ihn.

Von Wiesbaden nach Tallinn

Durch seine Leidenschaft für das runde Leder findet Nikita schnell Freunde und fühlt sich sehr wohl in seiner neuen Heimat. "Auch wenn es mit der Sprache anfangs echt schwierig war", relativiert er etwas. Vermutlich wäre der Auswanderer für immer in Deutschland geblieben, wenn da nicht dieser eine Wochenend-Trip nach Tallinn gewesen wäre. Denn da war sie wieder: diese Liebe auf den ersten Blick. Dieses Mal mit weitreichenden Folgen.

Er lernt Jekaterina kennen, seine jetzige Frau und Mutter ihres gemeinsamen Sohnes. Nach einem Jahr Fernbeziehung ziehen die beiden zusammen nach Tallinn, wo sie bis heute glücklich leben. Bereut hat er den Umzug in die circa 1.500 Kilometer Luftlinie entfernte Hauptstadt bis heute nicht. Den Kontakt nach Deutschland zu seinen Freunden und Eltern in Wiesbaden hat er nie abreißen lassen. Vier- bis fünfmal im Jahr reist er in seine alte Heimat und erklärt: "Mir gefällt es einfach in Deutschland. Ich fühle mich dort nach wie vor sehr wohl."

Praktisch, dass das EM-Qualifikationsspiel seiner neuen Heimat Estland nur einen Katzensprung entfernt von seiner alten Heimat Wiesbaden stattfindet. Natürlich nutzt Nikita die Gelegenheit und fliegt zu diesem Zeitpunkt mit Frau und Kind zu seinen Eltern. Zu fünft fährt die Familie Legostev in die Mainzer Opel-Arena und drückt natürlich der deutschen Mannschaft die Daumen. Seit drei Monaten sind Vater, Mutter und Sohn stolze Mitglieder im Fan Club Nationalmannschaft.

Wie der Vater so der Sohn

Die Vorfreude ist riesig, der Optimismus auch. "Ich rechne mit einem guten Spiel und einem klaren 5:0-Sieg für Deutschland", betont Nikita. Besonders der sechsjährige Robert teilt die Begeisterung seines Vaters und fiebert leidenschaftlich bei den Länderspielen der deutschen Mannschaft mit. Bei ihrem ersten gemeinsamen Besuch im vergangenen November in Leipzig beim Russland-Länderspiel jubelt er aufgeregt auf dem Arm seines Papas und strahlt über das ganze Gesicht. Seine Lieblinge: Kroos, Gnabry und Kimmich.

Wenn Nikita nicht vor Ort ist, verfolgt er die Nationalmannschaft aufmerksam über Online-Streamingdienste aus Tallinn. Gerne verschlägt es ihn aber auch mit seiner Hobby-Fußballmannschaft in die Sportsbar. Doch die prägendsten Erinnerungen an das DFB-Team erlebte er weder im Stadion noch in der Kneipe, sondern in Wiesbaden beim Public Viewing.

Wie aus der Kanone geschossen erzählt er von der "brutal bitteren Niederlage" gegen Italien bei der Heim-WM 2006. "Es war so ein geniales Turnier, so eine geniale Stimmung im ganzen Land", berichtet er, "das Aus im Halbfinale war wie ein Stich ins Herz." Acht Jahre später dann das gleiche Szenario: Wieder Halbfinale, wieder Public Viewing in Wiesbaden. "Es war total verrückt", kommentiert Nikita das 7:1 gegen Brasilien. Auch das Finale verfolgt er mit seiner Frau beim Public Viewing. "Das Tor von Götze", sagt Nikita und sucht nach Worten, "es war unglaublich! Wir haben die komplette Nacht durchgefeiert."

Gefeierter Star als ST1M

Mit Feiern kennt sich Nikita ohnehin bestens aus. Bei Konzerten bringt der Rapper unter seinem Künstlernamen ST1M insbesondere in Osteuropa die Hallen zum Beben. Seine Videos werden im Internet millionenfach abgespielt, er besitzt zehn goldene Schallplatten und hat 2014 mit dem somalisch-kanadischen Hip-Hop-Musiker K’naan den WM-Hit „Wavin’ Flag“ auf Russisch aufgenommen. "Musik ist mein Lebenselixier", sagt er.

Doch wer sich das Leben des Rap-Stars besonders spektakulär vorstellt, sieht sich getäuscht. Morgens bringt er seinen Sohn in den Kindergarten und geht anschließend ins Fitnessstudio. Den Rest des Tages schreibt er Texte oder geht ins Studio und nimmt Songs auf. "Und wenn ich nicht gerade auf Tour bin, gucke ich in meiner Freizeit eben gerne Fußball", ergänzt Nikita. Die nächsten Stadionbesuche sind schon fest eingeplant. Beim Rückspiel in Tallinn und auch beim Heimspiel in Frankfurt gegen Nordirland möchte er unbedingt wieder dabei sein – natürlich in Begleitung von Jekaterina und Robert.