Martina Müller: "Aufhören, wenn es am Schönsten ist"

Kurzarbeiterin mit Dauerauftrag - so könnte man die Laufbahn von Martina Müller in der Frauen-Nationalmannschaft beschreiben. Die 32-Jährige Angreiferin vom VfL Wolfsburg absolvierte 100 Länderspiele, schoss dabei 37 Tore und wurde 74-mal eingewechselt. Sie wird ihre Karriere in der Frauen-Nationalmannschaft am 29. November (ab 15.15 Uhr, live in der ARD) mit dem Länderspiel in Halle gegen Frankreich beenden.

Mit der Nationalmannschaft wurde sie zweimal Welt- und Europameisterin und gewann 2004 bei den Olympischen Spiele in Athen die Bronzemedaille. Ihr erstes Länderspiel bestritt sie am 22. Juli 2000 in Braunschweig gegen die USA. Und immer galt sie als Vorbild an Einsatz und Teamgeist, stellte eigene Bedürfnisse zurück und sich selbst in den Dienst der Mannschaft.

Die Prioritäten haben sich mittlerweile verschoben. Der Beruf als Mitarbeiterin im Mobilitätsservice von Volkswagen fordert die 32-Jährige zunehmend, die Sehnsucht nach einem ruhigen und ausgefüllten Privatleben rückt mehr und mehr in den Blickpunkt. Im exklusiven Interview spricht Martina Müller über die Gründe ihres Rücktritts, die schönsten Momente, ihre Rolle als Edeljoker und die Perspektiven der Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Martina Müller, was sind die Gründe für Ihren Rücktritt?

Martina Müller: Der Spagat zwischen Beruf, Nationalmannschaft und Verein ist zuletzt immer schwieriger geworden. Durch die kürzeren Regenerationszeiten merke ich auch, dass mein Körper das eine oder andere mal sagt: Bis hierhin und nicht weiter. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um zurückzutreten. Die 100 Länderspiele sind erreicht, wir haben eine super EM-Qualifikation gespielt, zu der ich meinen Teil beitragen konnte, und wir haben ein tolles und sehr angenehmes Team, in dem es Spaß macht zu spielen. Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören.

Martina Müller: Bilder einer großen Karriere

DFB.de: Was waren die schönsten Momente im Nationaltrikot?

Müller: Natürlich die Titel, die wir geholt haben. Angefangen bei der WM 2003 in den USA über die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Athen 2004, die Europameisterschaften 2001 und 2009 und natürlich die WM 2007 in China. Das waren Riesenmomente und das Schönste, was man als Sportler erreichen kann. Dass ich davon ein Teil sein durfte, ist einfach grandios. Das macht dann auch vieles wieder wett, worauf ich in den Jahren verzichtet habe.

DFB.de: Sie haben 37 Länderspieltore geschossen. Gibt es einen Treffer, der besonders in Erinnerung geblieben ist?

Müller: Man erinnert sich am liebsten an die Tore in Spielen, bei denen es um etwas ging. Mir fällt das WM-Halbfinale 2007 in China gegen Norwegen ein. Da bin ich in der 65. Minute eingewechselt worden und habe zehn Minuten später das 3:0 gemacht. Ich habe spekuliert auf den Rückpass zur Torhüterin, bin dazwischen und habe den Ball dann mit links ins Tor geschossen. Das vergisst man natürlich nicht.

DFB.de: Was werden Sie vermissen?

Müller: Ich denke, mir wird das eine oder andere fehlen. Ich bin ja schon seit der U 18 beim DFB. Damals übrigens auch schon von Silvia Neid trainiert. Die Reisen, das ganze Miteinander mit dem Team, die Reden von unserem Torwarttrainer Michael Fuchs bei den Geburtstagen. (lacht) Da gibt es einiges, was ich vermissen werde.

DFB.de: Sie haben Silvia Neid schon angesprochen, mit der sie lange zusammengearbeitet haben. Welche Wegbegleiter haben Sie sonst geprägt?

Müller: Jeder einzelne Trainer und Trainerin hat mir etwas mit auf den Weg gegeben und mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin - vom Jugendbereich auf Landesebene über die U-Mannschaften im DFB bis hin zur Frauen-Nationalmannschaft. Ich möchte da jetzt auch gar keinen hervorheben. Jeder hat ein Stück dazu beigetragen.

DFB.de: Ihr erstes Länderspiel in der Frauen-Nationalmannschaft haben Sie am 22. Juli 2000 in Braunschweig gegen die USA bestritten. Damals noch unter Bundestrainerin Tina Theune. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Müller: Ich war natürlich total nervös, weil die USA - damals noch mit Mia Hamm - schließlich nicht irgendein Gegner gewesen ist. Das war ein ganz besonderes erstes Länderspiel, obwohl wir mit 0:1 verloren haben.

DFB.de: Das ist jetzt zwölf Jahre her - wird Ihnen in solchen Momenten der Erinnerung bewusst, wie lange Sie schon dabei sind?

Müller: Ja, das ist schon eine ziemlich lange Zeit. Früher war ich die "kleine" Martina, stand dann vor einer Doris Fitschen, Steffi Jones, Maren Meinert, Bettina Wiegmann. Die sind mittlerweile Trainerinnen, Managerinnen oder DFB-Direktorinnen. Da sieht man schon, dass ich mittlerweile alt geworden bin. Aber ich fühle mich noch gar nicht so. (lacht)

DFB.de: Sie sind in 100 Spielen 74-mal eingewechselt worden und haben 37 Tore erzielt. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie als der perfekte Joker bezeichnet werden?

Müller: Mittlerweile kann ich damit umgehen, weil es einfach nun mal so ist. Ich bin eben eine Spielerin, die gleich da ist und nicht lange braucht, wenn sie reinkommt. Irgendeinen Job muss man ja haben in der Nationalmannschaft, ich habe den des Edeljokers. Ich habe immer gesagt: lieber den als gar keinen! Ich habe auch auf diese Art Spaß gehabt im Team und für meine Rolle immer Anerkennung von der Bundestrainerin erhalten.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die neue Generation der Stürmerinnen?

Müller: Ob nun Alexandra Popp oder Lena Lotzen, die sind alle noch total unbeschwert. Ich hoffe, dass sie das beibehalten, immer weiter mit Spaß bei der Sache bleiben und ihren Weg gehen. Ich wünsche mir, dass diese Generation auch die Erfolge feiern kann, die wir in unseren jungen Jahren gefeiert haben. Ich gönne es allen von Herzen, dass sie auch die Europameisterschaft gewinnen. Ich werde es am Fernseher verfolgen und ganz, ganz fest die Daumen drücken. Das Potenzial in dieser jungen Mannschaft ist da. Man muss sich, wenn es das Team schafft, seinen Leistungsstand zu halten, für die nächsten Jahre keine Sorgen machen.

DFB.de: Also können Sie ganz beruhigt in Rente gehen.

Müller: Ich gehe ganz beruhigt in Rente und glaube, die Jungen machen das. Ich werde immer, wenn Zeit ist und die Möglichkeit besteht, das eine oder andere Länderspiel live verfolgen wollen.

DFB.de: Wie wehmütig blicken Sie nun dem letzten Spiel in Halle entgegen?

Müller: Ich freue mich einfach darauf. Ich hoffe, dass viele Freunde und Familienmitglieder vorbei kommen. Und dass es einfach ein schönes und erfolgreiches Spiel wird für die ganze Mannschaft, damit man das Jahr mit einem guten Gefühl beenden kann.

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Kurzarbeiterin mit Dauerauftrag - so könnte man die Laufbahn von Martina Müller in der Frauen-Nationalmannschaft beschreiben. Die 32-Jährige Angreiferin vom VfL Wolfsburg absolvierte 100 Länderspiele, schoss dabei 37 Tore und wurde 74-mal eingewechselt. Sie wird ihre Karriere in der Frauen-Nationalmannschaft am 29. November (ab 15.15 Uhr, live in der ARD) mit dem Länderspiel in Halle gegen Frankreich beenden.

Mit der Nationalmannschaft wurde sie zweimal Welt- und Europameisterin und gewann 2004 bei den Olympischen Spiele in Athen die Bronzemedaille. Ihr erstes Länderspiel bestritt sie am 22. Juli 2000 in Braunschweig gegen die USA. Und immer galt sie als Vorbild an Einsatz und Teamgeist, stellte eigene Bedürfnisse zurück und sich selbst in den Dienst der Mannschaft.

Die Prioritäten haben sich mittlerweile verschoben. Der Beruf als Mitarbeiterin im Mobilitätsservice von Volkswagen fordert die 32-Jährige zunehmend, die Sehnsucht nach einem ruhigen und ausgefüllten Privatleben rückt mehr und mehr in den Blickpunkt. Im exklusiven Interview spricht Martina Müller über die Gründe ihres Rücktritts, die schönsten Momente, ihre Rolle als Edeljoker und die Perspektiven der Frauen-Nationalmannschaft.

DFB.de: Martina Müller, was sind die Gründe für Ihren Rücktritt?

Martina Müller: Der Spagat zwischen Beruf, Nationalmannschaft und Verein ist zuletzt immer schwieriger geworden. Durch die kürzeren Regenerationszeiten merke ich auch, dass mein Körper das eine oder andere mal sagt: Bis hierhin und nicht weiter. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um zurückzutreten. Die 100 Länderspiele sind erreicht, wir haben eine super EM-Qualifikation gespielt, zu der ich meinen Teil beitragen konnte, und wir haben ein tolles und sehr angenehmes Team, in dem es Spaß macht zu spielen. Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören.

Martina Müller: Bilder einer großen Karriere

DFB.de: Was waren die schönsten Momente im Nationaltrikot?

Müller: Natürlich die Titel, die wir geholt haben. Angefangen bei der WM 2003 in den USA über die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Athen 2004, die Europameisterschaften 2001 und 2009 und natürlich die WM 2007 in China. Das waren Riesenmomente und das Schönste, was man als Sportler erreichen kann. Dass ich davon ein Teil sein durfte, ist einfach grandios. Das macht dann auch vieles wieder wett, worauf ich in den Jahren verzichtet habe.

DFB.de: Sie haben 37 Länderspieltore geschossen. Gibt es einen Treffer, der besonders in Erinnerung geblieben ist?

Müller: Man erinnert sich am liebsten an die Tore in Spielen, bei denen es um etwas ging. Mir fällt das WM-Halbfinale 2007 in China gegen Norwegen ein. Da bin ich in der 65. Minute eingewechselt worden und habe zehn Minuten später das 3:0 gemacht. Ich habe spekuliert auf den Rückpass zur Torhüterin, bin dazwischen und habe den Ball dann mit links ins Tor geschossen. Das vergisst man natürlich nicht.

DFB.de: Was werden Sie vermissen?

Müller: Ich denke, mir wird das eine oder andere fehlen. Ich bin ja schon seit der U 18 beim DFB. Damals übrigens auch schon von Silvia Neid trainiert. Die Reisen, das ganze Miteinander mit dem Team, die Reden von unserem Torwarttrainer Michael Fuchs bei den Geburtstagen. (lacht) Da gibt es einiges, was ich vermissen werde.

DFB.de: Sie haben Silvia Neid schon angesprochen, mit der sie lange zusammengearbeitet haben. Welche Wegbegleiter haben Sie sonst geprägt?

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Müller: Jeder einzelne Trainer und Trainerin hat mir etwas mit auf den Weg gegeben und mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin - vom Jugendbereich auf Landesebene über die U-Mannschaften im DFB bis hin zur Frauen-Nationalmannschaft. Ich möchte da jetzt auch gar keinen hervorheben. Jeder hat ein Stück dazu beigetragen.

DFB.de: Ihr erstes Länderspiel in der Frauen-Nationalmannschaft haben Sie am 22. Juli 2000 in Braunschweig gegen die USA bestritten. Damals noch unter Bundestrainerin Tina Theune. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Müller: Ich war natürlich total nervös, weil die USA - damals noch mit Mia Hamm - schließlich nicht irgendein Gegner gewesen ist. Das war ein ganz besonderes erstes Länderspiel, obwohl wir mit 0:1 verloren haben.

DFB.de: Das ist jetzt zwölf Jahre her - wird Ihnen in solchen Momenten der Erinnerung bewusst, wie lange Sie schon dabei sind?

Müller: Ja, das ist schon eine ziemlich lange Zeit. Früher war ich die "kleine" Martina, stand dann vor einer Doris Fitschen, Steffi Jones, Maren Meinert, Bettina Wiegmann. Die sind mittlerweile Trainerinnen, Managerinnen oder DFB-Direktorinnen. Da sieht man schon, dass ich mittlerweile alt geworden bin. Aber ich fühle mich noch gar nicht so. (lacht)

DFB.de: Sie sind in 100 Spielen 74-mal eingewechselt worden und haben 37 Tore erzielt. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie als der perfekte Joker bezeichnet werden?

Müller: Mittlerweile kann ich damit umgehen, weil es einfach nun mal so ist. Ich bin eben eine Spielerin, die gleich da ist und nicht lange braucht, wenn sie reinkommt. Irgendeinen Job muss man ja haben in der Nationalmannschaft, ich habe den des Edeljokers. Ich habe immer gesagt: lieber den als gar keinen! Ich habe auch auf diese Art Spaß gehabt im Team und für meine Rolle immer Anerkennung von der Bundestrainerin erhalten.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die neue Generation der Stürmerinnen?

Müller: Ob nun Alexandra Popp oder Lena Lotzen, die sind alle noch total unbeschwert. Ich hoffe, dass sie das beibehalten, immer weiter mit Spaß bei der Sache bleiben und ihren Weg gehen. Ich wünsche mir, dass diese Generation auch die Erfolge feiern kann, die wir in unseren jungen Jahren gefeiert haben. Ich gönne es allen von Herzen, dass sie auch die Europameisterschaft gewinnen. Ich werde es am Fernseher verfolgen und ganz, ganz fest die Daumen drücken. Das Potenzial in dieser jungen Mannschaft ist da. Man muss sich, wenn es das Team schafft, seinen Leistungsstand zu halten, für die nächsten Jahre keine Sorgen machen.

DFB.de: Also können Sie ganz beruhigt in Rente gehen.

Müller: Ich gehe ganz beruhigt in Rente und glaube, die Jungen machen das. Ich werde immer, wenn Zeit ist und die Möglichkeit besteht, das eine oder andere Länderspiel live verfolgen wollen.

DFB.de: Wie wehmütig blicken Sie nun dem letzten Spiel in Halle entgegen?

Müller: Ich freue mich einfach darauf. Ich hoffe, dass viele Freunde und Familienmitglieder vorbei kommen. Und dass es einfach ein schönes und erfolgreiches Spiel wird für die ganze Mannschaft, damit man das Jahr mit einem guten Gefühl beenden kann.