Marco Reus: "Man darf die Dänen nicht unterschätzen"

Von der einen zur anderen Borussia - und zwischendrin die Europameisterschaft. Marco Reus war in Deutschland eine der prägenden Figuren der vergangen Spielzeit, sein Wechsel von Gladbach nach Dortmund war eines der bestimmenden Themen der Saison 2011/2012. Bei der EM in Polen und der Ukraine muss sich der 22-Jährige bislang mit der Reservisten-Rolle abfinden.

Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat Reus darüber und über seine weniger bekannten Seiten gesprochen.

team.dfb.de: Herr Reus, in Ihrem Twitter-Account haben Sie den Nick-Namen "woodyinho", das dürfte zurückgehen auf die Frisur, die Sie und der Specht Woody Woodpecker tragen.

Marco Reus: Ja, klar. In Gladbach wurden uns allen Spitznamen gegeben, ich wurde Woody genannt. Daraus ist dann schnell Woodyinho geworden.

team.dfb.de: Gibt es neben den Haaren noch andere Gemeinsamkeiten zwischen Specht und Reus. Nach Wikipedia wird das Auftreten der Comik-Figur als lustig, verrückt und mitunter penetrant beschrieben...

Reus: Er soll auch schnell sein. (lacht) Das passt alles schon ganz gut zu mir.

team.dfb.de: Dann sind Sie mit dieser Darstellung einverstanden: Marco Reus, der verrückte und verspielte Lausbub. Oder haben Sie Seiten an sich, die in dieser Charakterisierung zu kurz kommen?

Reus: Ich bin ein offener Typ, der gerne auf die Menschen zugeht. Insgesamt versuche ich, das Leben so locker wie möglich zu nehmen. Aber ich weiß durchaus, wann es auch mal an der Zeit ist, sich zurückzunehmen und still zu sein. Ich kann durchaus sehr ernst sein, auch nachdenklich.



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Von der einen zur anderen Borussia - und zwischendrin die Europameisterschaft. Marco Reus war in Deutschland eine der prägenden Figuren der vergangen Spielzeit, sein Wechsel von Gladbach nach Dortmund war eines der bestimmenden Themen der Saison 2011/2012. Bei der EM in Polen und der Ukraine muss sich der 22-Jährige bislang mit der Reservisten-Rolle abfinden.

Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat Reus darüber und über seine weniger bekannten Seiten gesprochen.

team.dfb.de: Herr Reus, in Ihrem Twitter-Account haben Sie den Nick-Namen "woodyinho", das dürfte zurückgehen auf die Frisur, die Sie und der Specht Woody Woodpecker tragen.

Marco Reus: Ja, klar. In Gladbach wurden uns allen Spitznamen gegeben, ich wurde Woody genannt. Daraus ist dann schnell Woodyinho geworden.

team.dfb.de: Gibt es neben den Haaren noch andere Gemeinsamkeiten zwischen Specht und Reus. Nach Wikipedia wird das Auftreten der Comik-Figur als lustig, verrückt und mitunter penetrant beschrieben...

Reus: Er soll auch schnell sein. (lacht) Das passt alles schon ganz gut zu mir.

team.dfb.de: Dann sind Sie mit dieser Darstellung einverstanden: Marco Reus, der verrückte und verspielte Lausbub. Oder haben Sie Seiten an sich, die in dieser Charakterisierung zu kurz kommen?

Reus: Ich bin ein offener Typ, der gerne auf die Menschen zugeht. Insgesamt versuche ich, das Leben so locker wie möglich zu nehmen. Aber ich weiß durchaus, wann es auch mal an der Zeit ist, sich zurückzunehmen und still zu sein. Ich kann durchaus sehr ernst sein, auch nachdenklich.

team.dfb.de: Wenn sie in die Zukunft reisen könnten, würden Sie das Jahr 2020 wählen, so steht es auf Ihrer Homepage. Welche Zeit würden Sie bei einer Reise in die Vergangenheit wählen?

Reus: Die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich fände es spannend, zu sehen, wie das Land wieder aufgebaut worden ist. Ich interessiere mich ja für Geschichte und speziell für die Deutschlands. Ich habe über diese Zeit während und nach dem Krieg viele Bücher gelesen und viel mit meiner Familie gesprochen.

team.dfb.de: Sie sind generell ein sehr fröhlicher Mensch. Was muss passieren, damit Sie ihre gute Laune verlieren?

Reus: Man lebt nur einmal. Deswegen versuche ich immer, mich auf die positiven Erlebnisse zu konzentrieren und mich von negativen Dingen nicht herunter ziehen zu lassen. Natürlich bin ich nach Niederlagen schlecht gelaunt, natürlich bin auch ich manchmal mürrisch und traurig. Aber im Grunde bin ich meist ganz gut drauf, das stimmt.

team.dfb.de: Und alles ist gut, solange Sie einen Ball vor den Füßen haben. Man sieht Sie fast nie ohne.

Reus: Es ist schon immer so gewesen, dass ich stets einen Ball bei mir hatte. Ich weiß gar nicht warum das so ist. Bälle ziehen mich magisch an. So war es schon, als ich noch ganz klein war.

team.dfb.de: Bälle - oder etwas anderes rundes. Stimmt die Geschichte, dass Sie als Kind zu Hause mit Orangen und Äpfeln Fußball gespielt haben?

Reus: Ich habe alles benutzt, was rund war. Egal was, Hauptsache, man konnte damit ein bisschen kicken. Das konnten dann auch Orangen und Äpfel sein.

team.dfb.de: Und was kam dabei heraus: Obstsalat?

Reus: Sehr lustig. (lacht) Aber so ähnlich war es. Es war nicht immer appetitlich, und meine Mutter war nicht immer begeistert.

team.dfb.de: Sie hat eine sehr vernünftige Lösung gefunden und Sie beim Post SV Dortmund angemeldet. Sie beschreiben diese Zeit wie folgt: "Den ganzen Tag mit Freunden Fußball spielen - es war toll." Das machen Sie heute im Verein und in der Nationalmannschaft im Grunde immer noch?

Reus: Ich habe das Glück, dass ich mich mit vielen Mitspielern sehr gut verstehe. Aber auch außerhalb des Profifußballs nehme ich mir hin und wieder die Zeit, mit meinen Freunden zu kicken. Es ist seltener möglich, aber mir macht das heute noch genauso viel Spaß wie damals. Mir ist es wichtig, dass ich meine alten Freunde nicht verliere. Sie haben mich gekannt und gemocht, auch als ich nicht populär war. Sie wissen, wie ich ticke, sie verstehen meinen Humor, auf sie kann ich immer zählen. Diese Freundschaften bedeuten mir sehr viel.

team.dfb.de: Im Januar haben Sie gesagt, dass es ein Traum wäre, wenn Sie bei der EM dabei sein könnten. Sie sind bei der EM dabei. Wie fühlt es sich an, wenn Träume wahr werden?

Reus: Ich erlebe gerade mein erstes großes Turnier, das fühlt sich sehr gut an und ist eine große Erfahrung. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite bin ich natürlich traurig, dass ich bislang noch nicht zum Einsatz gekommen bin.

team.dfb.de: Und dass, obwohl Sie mit mehr Lorbeeren als jeder andere Spieler zum Turnier gekommen sind. Immerhin wurden Sie vom kicker und von den Kollegen zum Spieler der Saison gewählt.

Reus: Im Vergleich zum Jahr davor habe ich mich in der vergangenen Spielzeit noch einmal gesteigert. Mein Ziel war es, mich immer weiter zu verbessern, das habe ich geschafft. Und natürlich bin ich in der Hoffnung zum Turnier gefahren, auch zum Einsatz zu kommen. Aber: Die EM ist noch lange nicht vorbei. Wenn ich meine Chance erhalte, will ich da sein. Deswegen gebe ich in jedem Training alles und versuche, mich beim Trainer immer aufs Neue anzubieten.

team.dfb.de: In den vergangenen drei Jahren haben Sie für Gladbach beinahe alle Spiele gemacht, Sie standen 97 Mal in der Bundesliga auf dem Platz, das ist fast das Maximum. Die Rolle als Reservespieler ist für Sie folglich neu. Sind Sie ein guter Ersatzspieler?

Reus: Gar nicht. Für mich ist es brutal schwer, auf der Bank zu sitzen und nicht ins Spiel eingreifen zu können. Ich kenne es nur so, dass ich in der Mannschaft auf dem Rasen gebraucht werde. Wenn ich auf der Bank sitze, weiß ich gar nicht so recht, wie ich mich verhalten soll. Diese Situation ist für mich total ungewohnt.

team.dfb.de: Und wie haben Sie dies bisher gelöst. Wie haben Sie sich gegen Portugal und die Niederlande verhalten?

Reus: Ich schaue mir das Spiel an und versuche, mich so gut es geht auf den Fall vorzubereiten, dass ich noch ins Spiel gebracht werde. Ich sehe es jetzt als meine Aufgabe, mich mit dieser Situation zu arrangieren. Ich muss in dieser Konstellation wachsen, muss versuchen, aus ihr gestärkt hervorzugehen und im Training noch mehr Tempo zu machen.

team.dfb.de: Aber beklagen über Ihre Rolle werden Sie sich nicht.

Reus: Fußball ist ein Mannschaftssport. Wenn einer meint, dass er, nur weil er nicht spielt, schlechte Stimmung verbreiten müsste, dann ist er hier Fehl am Platz. Aber das gibt es bei der Nationalmannschaft zum Glück nicht. Ich bin ja nicht der Einzige, der bislang noch nicht zum Zug gekommen ist. Hier ziehen alle an einem Strang. Und - wie gesagt - es liegt nicht in meinem Naturell, lange Trübsal zu blasen. Ich blicke nach vorne und hoffe, dass meine Chance noch kommt.

team.dfb.de: Bundestrainer Joachim Löw hat vor dem Turnier eine neue Rolle für Sie angedeutet, indem er gesagt hat, dass er sich vorstellen könne, Sie auch ganz vorne aufzustellen. Wie haben Sie diese Äußerung aufgefasst. Haben Sie gedacht: Eine Position mehr - das erhöht meine Chancen, zum Einsatz zu kommen?

Reus: Heute weiß ich, dass meine Chancen dadurch nicht größer geworden sind. Aber damals konnte ich das nicht wissen. Ich weiß, dass ich ein vielseitiger Spieler bin, ich weiß, dass ich auf verschieden Positionen spielen kann. Mich hat diese Idee des Bundestrainers also nicht sonderlich überrascht. Ich habe ja auch in Gladbach schon mit Mike Hanke zusammen ganz vorne gespielt.

team.dfb.de: Im Training spielen Sie zuweilen ganz hinten. Gestern haben Sie sich Torwarthandschuhe übergestreift und zwischen den Pfosten gestanden. Muss Manuel Neuer sich Sorgen machen?

Reus: Nein. (lacht) Alle unsere Torhüter sind sehr stark und Manuel ist absolute Weltklasse. Auf dieser Position haben wir wirklich keinen Bedarf. Ich stehe halt ganz gerne mal im Tor, vor allem, wenn ich privat mit meinen Freunden spiele. Ich finde die Position sehr interessant und sehr schwierig. Und ohne mich selbst loben zu wollen: Ich bin echt gut im Tor, ich kann das. Aber natürlich bin ich als Feldspieler besser.

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team.dfb.de: Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass Sie dies am Sonntag gegen Dänemark zeigen dürfen?

Reus: Ich würde mich sehr freuen. Wir sind noch nicht durch. Dänemark hat gegen die Niederlande 1:0 gewonnen, dann gegen Portugal mit 2:3 verloren. Man darf die Dänen nicht unterschätzen. Wenn wir das Spiel gewinnen wollen, müssen wir wieder 100 Prozent geben. Sie haben ein spielstarkes Team - so wie fast alle Mannschaften bei dieser EM.

team.dfb.de: Wie viel Fußball gucken Sie bei diesem Turnier? Wie ist Ihr Eindruck vom Niveau ganz generell?

Reus: Es ist sehr hoch. Mein Eindruck ist, dass der Fußball, der hier gespielt wird, total anders ist als das, was ich aus der Bundesliga kenne. Es ist auch anders als die Spiele in der Europa League oder der Champions League. Bei den großen Turnieren wird Fußball irgendwie anders gespielt. Das haben mir die Spieler, die diese Erfahrung schon haben, auch vorher gesagt.

team.dfb.de: Was meint "anders" konkret?

Reus: Ein Unterschied ist, dass man in der Bundesliga überall attackiert wird. Egal, wo man den Ball hat, man wird sofort angegriffen. Das ist hier nicht der Fall. Hier warten die Gegner viel länger, bevor sie den Ballführenden attackieren. Und dann aber richtig. Ich bin gespannt, wie sich das anfühlt, wenn ich tatsächlich auf dem Platz stehe.