Ibrahimovic: Glamourfigur des schwedischen Fußballs

Schweden ist das Land von Abba, Elchen und Ikea. Die Schweden haben legendäre Skifahrer und Eishockeyspieler, glamouröse Fußballer haben sie selten. Doch Zlatan Ibrahimovic ist ganz sicher so einer. Er ist einer der besten, ziemlich sicher aber der kostspieligste Stürmer der Welt. Und einer, der stets und ständig polarisiert, weil er nur einen Weg kennt, und das ist sein eigener.

Doch in seinen Klubs hatte er fast immer Erfolg damit, und kaum einer erzielt so schöne Tore wie er. Die Nationalmannschaft will er als Kapitän 2014 zur WM in Brasilien führen. Redakteur Gereon Tönnihsen vor dem WM-Qualifikationsspiel der Schweden am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) in Berlin gegen Deutschland auf DFB.de über einen Spieler, der es nicht leicht hatte, der es sich aber auch nie leicht gemacht hat.

„Ich bin nicht leicht zu beeindrucken“

Es gibt diese Szene im Mittelkreis des Giuseppe-Meazza-Stadions. Ronaldo steht da, ab und zu springt er hoch, streckt sich, wartet auf den Anpfiff. Ein paar Meter weiter steht Zlatan Ibrahimovic, kaugummikauend, fokussiert. Nicht aufs Spiel, sondern auf Ronaldo. Er wendet den Blick nicht ab, zwischendurch lächelt er versonnen, fast ungläubig.

Ronaldo spielt damals bei Milan, Ibrahimovic nebenan bei Inter. Es ist ein Moment, in dem sich der 1,95-Meter-Mann aus Schweden unglaublich klein vorkommt. Und das ist ein Gefühl, das er eigentlich nicht kennt, nicht nur ob seiner Körpergröße. „Ich habe ausgesehen, als könnte ich es nicht fassen, mit ihm auf einem Platz zu stehen“, schreibt er in seiner Autobiografie. „Ich bin nicht leicht zu beeindrucken, aber ich glaube, dass ich ohne Ronaldo ein anderer Spieler geworden wäre. Er ist für mich einfach der Größte.“

Ronaldo als großes Vorbild

Schon als Teenager im Malmöer Problembezirk Rosengård probiert Ibrahimovic jeden Tag die Tricks des Brasilianers, ahmt seine Bewegungen, seine Gewandtheit nach, immer und immer wieder, schier besessen, bis es dunkel wird. Ravelli, Brolin oder Dahlin kennt er damals gar nicht. Er schaut nur auf die ganz Großen, auf Romario oder Bebeto, ganz besonders aber auf Ronaldo. Fußball ist Leidenschaft für Zlatan. Und Flucht. Seine Eltern, in den 70er-Jahren aus Jugoslawien eingewandert, lassen sich scheiden, als er noch nicht zwei Jahre alt ist. Zlatan wird erst der Mutter, die als Putzfrau arbeitet und noch weitere Kinder hat, zugesprochen, dann dem Vater, einem Hausmeister. So etwas wie Geborgenheit erfährt er nicht. Statt Umarmungen gibt es Gleichgültigkeit, statt Lob gibt es Schreie. Oft ist der Kühlschrank leer. Schon früh ist Zlatan Einzelkämpfer, muss lernen, sich in Rosengård zu behaupten, wo von fünf Einwohnern drei ohne Arbeit sind. Fast 90 Prozent sind Migranten, wie er.

Er stiehlt Fahrräder, weil er den Kick sucht, den Adrenalinstoß. Diesen Drang verspürt er heute noch, Räder stiehlt er nicht mehr. Dafür rast er mit seinem Ferrari durch die Gegend, schneller als die Polizei erlaubt und auch schon schneller als die Polizei. „Ich bin schon oft gefragt worden, was ich getan hätte, wenn ich nicht Fußballer geworden wäre“, sagt er. „Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre ich Krimineller geworden, Mafioso.“

Gedanken im Konjunktiv, zum Glück. Denn Ibrahimovic spürt früh: Um seinem Leben eine andere Richtung zu geben, ist der Fußball der beste Ausweg. Die Gärten, Plätze, Wege Rosengårds sind seine erste Bühne, ehe er einem Klub beitritt. Alles regelt er allein. Seine ersten Fußballschuhe kauft er im Supermarkt „irgendwo zwischen Gurken und Tomaten“. Doch schon bald bekommt er im Verein Probleme. Er ist ein Individualist, dribbelt gerne und oft zu viel, sucht seinen eigenen Weg, ist schnell aufbrausend. Erfolg ist für ihn, die besten Tricks möglichst perfekt zu zeigen. Aber für die meisten funktioniert Fußball anders, das bekommt er zu spüren. Also wechselt er zum nächsten Klub, bis er schließlich bei Malmö FF, dem großen Verein seiner Heimatstadt, ankommt – wo es anfangs auch Probleme gibt.

Unangepasst, rebellisch und unvernünftig

Dieses Unangepasste, dieses Rebellische, auch dieses Unstete und Unvernünftige, das habe er aus Rosengård, sagt er. Und ebenso seinen Stolz und seinen Willen, sich zu behaupten, komme, was wolle. Ein Zitat von ihm prangte später auf einer Unterführung nahe des Hauses, in dem er einst wohnte. „Du kannst den Jungen aus Rosengård holen“, steht dort, „aber du kannst nicht Rosengård aus dem Jungen holen.“

Ibrahimovic ist immer noch ein bisschen dieser Junge, auch jetzt, mit 31 noch. Und immer noch ist er einer, auf den man sich nicht einigen kann. Ibrahimovic wird geliebt, Ibrahimovic wird gehasst. In Barcelona empfingen ihn einst 60.000 Fans im Camp Nou, in Mailand rollte man ihm schon am Flughafen den roten Teppich aus. Und in Paris wurde er zu Füßen des Eiffelturms vorgestellt. Doch bei jedem Auswärtsspiel ist zumeist er es, der die Pfiffe und Schmähungen der gegnerischen Fans auf sich zieht. Einer wie er empfindet das ein Stück weit auch als Ritterschlag, es macht ihn stärker, treibt ihn an. Denn ausgepfiffen wird oft, wer besonders gut ist und dem Gegner gefährlich werden kann. Ausgepfiffen wird keiner, der nicht auffällt.

Nie Durchschnitt, immer auffällig

Auffallen wollte er immer schon. Durchschnitt war er nie, nicht als Straßenfußballer, nicht als Jugendspieler von Malmö FF, auch heute nicht. Noch nie hat er sich etwas gefallen lassen oder seine Meinung in geschmeidige Antworten verpackt. Auch verbal bevorzugt er den Vollspann. Nach einem Spiel fragte ihn ein Reporter, woher die Kratzer kämen, die er im Gesicht habe. Zlatans Replik: „Fragen Sie doch mal Ihre Frau.“ So hat er es immer gehalten, manchmal auch Kollegen gegenüber. Über den Norweger John Carew sagte er: „Was der mit dem Ball kann, kann ich mit einer Orange.“ Mitunter spricht er gar in der dritten Person von sich. Das hat ihm neben dem Image der Diva auch das des „Bad Boy“ eingebracht.

In Malmö war er schnell unterfordert, also wagte er den Sprung auf den Kontinent – und hatte überall Erfolg. Wo er auch spielte, überall wurde er Meister: mit Ajax Amsterdam, Juventus Turin (diese Titel wurden dem Klub jedoch wegen des Manipulationsskandals aberkannt), Inter Mailand, dem FC Barcelona und dem AC Mailand. Aber immer kannte er auch seinen Preis. Für keinen Profi wurde in der Summe mehr Geld ausgegeben. Kein Wunder: Denn länger als drei Jahre ist er nirgendwo geblieben. Auch nicht bei Barça, seinem Traumverein. Ibrahimovic kam mit der Klub-Philosophie nicht zurecht, und mit Trainer Pep Guardiola. „Wir stehen hier mit beiden Beinen auf dem Boden. Wir sind hier alle ganz normale Jungs“, hatte der dem exzentrischen Schweden mit auf den Weg gegeben.

Doch Ibrahimovic ist kein ganz normaler Junge. „Wenn ich immer brav gewesen wäre, wäre ich nicht so weit gekommen“, sagt er. Irgendwann sprach Guardiola nicht mehr mit ihm. „Wenn ich in die Kabine kam, ging der Trainer raus“, sagt Ibrahimovic. Am Ende der Saison, in der er mal wieder viele Tore erzielt hatte, wurde der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte für einen Bruchteil der Ablöse wieder nach Italien verkauft. Wieder war es nur eine Zwischenstation: Seit Juli dieses Jahres kickt er äußerst erfolgreich beim neureichen Klub Paris Saint-Germain, wieder hat die Stadt kopfgestanden, als er französischen Boden betreten hat. Alle erwarten "Ibrakadabra“, den Zauber des Künstlers, und der gibt seinem Publikum, was es sehen will.

Schöne Tore am Fließband

Viel Lärm, viel Trubel, große Gesten, aber Ibrahimovic, der mit seiner elf Jahre älteren Partnerin Helena Seger die Söhne Maximilian und Vincent hat, macht vor allem etwas anderes besonders: Er ist ein außergewöhnlicher Fußballer, der unberechenbar ist und mit dem Ball so ziemlich alles kann, der einen überragenden Torabschluss hat, der ehrgeizig ist und hart und diszipliniert arbeitet, der sich immer verbessern will. Er hat unter Fabio Capello und José Mourinho bestanden und reüssiert, das allein ist schon ein Qualitätsmerkmal. Inzwischen ist er der einzige Spieler, der für sechs verschiedende Klubs in der Champions League getroffen hat.

Und wer bei „YouTube“ nach seinen schönsten Toren sucht, muss lange scrollen und hat noch längst nicht alle gesehen. 2004 als Ajax-Spieler ließ er mal die halbe Mannschaft von NAC Breda stehen, ehe er den Ball ins Tor schob. Im selben Jahr bei der Europameisterschaft erzielte er gegen Italien ein Volleytor mit der Hacke. Und im vergangenen Sommer gelang ihm wieder das schönste EM-Tor: ein Seitfallzieher aus 16 Metern. Volley, Vollspann, Volltreffer.

"Ich bin sehr stolz darauf, Kapitän zu sein"

Seit einem Jahrzehnt ist Ibrahimovic Nationalspieler, mit Unterbrechungen gleichwohl. Zwischendurch war er mal außen vor gewesen, weil er den Zapfenstreich überzogen und anschließend die Entschuldigung verweigert hatte, auch zurückgetreten war er schon. Doch Erik Hamrén machte seinen Star kurz nach seinem Amtsantritt zum Spielführer. Und der nahm diese Rolle an. „Ich bin sehr stolz darauf, Kapitän zu sein“, sagte er vor der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. „Es gibt nichts Größeres, als seine Mannschaft als Spielführer in ein Turnier zu führen.“

Doch es endete schon nach drei Spielen und der Vorrunde. Doch für „Ibra“ ist der Weg noch nicht zu Ende. „Ich bin sogar noch motivierter als vorher“, sagte er nach dem EM-Aus. „Ich ärgere mich, wie unsere EM verlaufen ist, aber dadurch ziehe ich mich nicht zurück.“ 2014 will er unbedingt dabei sein, wenn sich die Weltelite in Brasilien trifft, dem Land von Bebeto und Romario. Und von Ronaldo, dem Helden seiner Jugend.

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Schweden ist das Land von Abba, Elchen und Ikea. Die Schweden haben legendäre Skifahrer und Eishockeyspieler, glamouröse Fußballer haben sie selten. Doch Zlatan Ibrahimovic ist ganz sicher so einer. Er ist einer der besten, ziemlich sicher aber der kostspieligste Stürmer der Welt. Und einer, der stets und ständig polarisiert, weil er nur einen Weg kennt, und das ist sein eigener.

Doch in seinen Klubs hatte er fast immer Erfolg damit, und kaum einer erzielt so schöne Tore wie er. Die Nationalmannschaft will er als Kapitän 2014 zur WM in Brasilien führen. Redakteur Gereon Tönnihsen vor dem WM-Qualifikationsspiel der Schweden am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) in Berlin gegen Deutschland auf DFB.de über einen Spieler, der es nicht leicht hatte, der es sich aber auch nie leicht gemacht hat.

„Ich bin nicht leicht zu beeindrucken“

Es gibt diese Szene im Mittelkreis des Giuseppe-Meazza-Stadions. Ronaldo steht da, ab und zu springt er hoch, streckt sich, wartet auf den Anpfiff. Ein paar Meter weiter steht Zlatan Ibrahimovic, kaugummikauend, fokussiert. Nicht aufs Spiel, sondern auf Ronaldo. Er wendet den Blick nicht ab, zwischendurch lächelt er versonnen, fast ungläubig.

Ronaldo spielt damals bei Milan, Ibrahimovic nebenan bei Inter. Es ist ein Moment, in dem sich der 1,95-Meter-Mann aus Schweden unglaublich klein vorkommt. Und das ist ein Gefühl, das er eigentlich nicht kennt, nicht nur ob seiner Körpergröße. „Ich habe ausgesehen, als könnte ich es nicht fassen, mit ihm auf einem Platz zu stehen“, schreibt er in seiner Autobiografie. „Ich bin nicht leicht zu beeindrucken, aber ich glaube, dass ich ohne Ronaldo ein anderer Spieler geworden wäre. Er ist für mich einfach der Größte.“

Ronaldo als großes Vorbild

Schon als Teenager im Malmöer Problembezirk Rosengård probiert Ibrahimovic jeden Tag die Tricks des Brasilianers, ahmt seine Bewegungen, seine Gewandtheit nach, immer und immer wieder, schier besessen, bis es dunkel wird. Ravelli, Brolin oder Dahlin kennt er damals gar nicht. Er schaut nur auf die ganz Großen, auf Romario oder Bebeto, ganz besonders aber auf Ronaldo. Fußball ist Leidenschaft für Zlatan. Und Flucht. Seine Eltern, in den 70er-Jahren aus Jugoslawien eingewandert, lassen sich scheiden, als er noch nicht zwei Jahre alt ist. Zlatan wird erst der Mutter, die als Putzfrau arbeitet und noch weitere Kinder hat, zugesprochen, dann dem Vater, einem Hausmeister. So etwas wie Geborgenheit erfährt er nicht. Statt Umarmungen gibt es Gleichgültigkeit, statt Lob gibt es Schreie. Oft ist der Kühlschrank leer. Schon früh ist Zlatan Einzelkämpfer, muss lernen, sich in Rosengård zu behaupten, wo von fünf Einwohnern drei ohne Arbeit sind. Fast 90 Prozent sind Migranten, wie er.

Er stiehlt Fahrräder, weil er den Kick sucht, den Adrenalinstoß. Diesen Drang verspürt er heute noch, Räder stiehlt er nicht mehr. Dafür rast er mit seinem Ferrari durch die Gegend, schneller als die Polizei erlaubt und auch schon schneller als die Polizei. „Ich bin schon oft gefragt worden, was ich getan hätte, wenn ich nicht Fußballer geworden wäre“, sagt er. „Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre ich Krimineller geworden, Mafioso.“

Gedanken im Konjunktiv, zum Glück. Denn Ibrahimovic spürt früh: Um seinem Leben eine andere Richtung zu geben, ist der Fußball der beste Ausweg. Die Gärten, Plätze, Wege Rosengårds sind seine erste Bühne, ehe er einem Klub beitritt. Alles regelt er allein. Seine ersten Fußballschuhe kauft er im Supermarkt „irgendwo zwischen Gurken und Tomaten“. Doch schon bald bekommt er im Verein Probleme. Er ist ein Individualist, dribbelt gerne und oft zu viel, sucht seinen eigenen Weg, ist schnell aufbrausend. Erfolg ist für ihn, die besten Tricks möglichst perfekt zu zeigen. Aber für die meisten funktioniert Fußball anders, das bekommt er zu spüren. Also wechselt er zum nächsten Klub, bis er schließlich bei Malmö FF, dem großen Verein seiner Heimatstadt, ankommt – wo es anfangs auch Probleme gibt.

Unangepasst, rebellisch und unvernünftig

Dieses Unangepasste, dieses Rebellische, auch dieses Unstete und Unvernünftige, das habe er aus Rosengård, sagt er. Und ebenso seinen Stolz und seinen Willen, sich zu behaupten, komme, was wolle. Ein Zitat von ihm prangte später auf einer Unterführung nahe des Hauses, in dem er einst wohnte. „Du kannst den Jungen aus Rosengård holen“, steht dort, „aber du kannst nicht Rosengård aus dem Jungen holen.“

Ibrahimovic ist immer noch ein bisschen dieser Junge, auch jetzt, mit 31 noch. Und immer noch ist er einer, auf den man sich nicht einigen kann. Ibrahimovic wird geliebt, Ibrahimovic wird gehasst. In Barcelona empfingen ihn einst 60.000 Fans im Camp Nou, in Mailand rollte man ihm schon am Flughafen den roten Teppich aus. Und in Paris wurde er zu Füßen des Eiffelturms vorgestellt. Doch bei jedem Auswärtsspiel ist zumeist er es, der die Pfiffe und Schmähungen der gegnerischen Fans auf sich zieht. Einer wie er empfindet das ein Stück weit auch als Ritterschlag, es macht ihn stärker, treibt ihn an. Denn ausgepfiffen wird oft, wer besonders gut ist und dem Gegner gefährlich werden kann. Ausgepfiffen wird keiner, der nicht auffällt.

Nie Durchschnitt, immer auffällig

Auffallen wollte er immer schon. Durchschnitt war er nie, nicht als Straßenfußballer, nicht als Jugendspieler von Malmö FF, auch heute nicht. Noch nie hat er sich etwas gefallen lassen oder seine Meinung in geschmeidige Antworten verpackt. Auch verbal bevorzugt er den Vollspann. Nach einem Spiel fragte ihn ein Reporter, woher die Kratzer kämen, die er im Gesicht habe. Zlatans Replik: „Fragen Sie doch mal Ihre Frau.“ So hat er es immer gehalten, manchmal auch Kollegen gegenüber. Über den Norweger John Carew sagte er: „Was der mit dem Ball kann, kann ich mit einer Orange.“ Mitunter spricht er gar in der dritten Person von sich. Das hat ihm neben dem Image der Diva auch das des „Bad Boy“ eingebracht.

In Malmö war er schnell unterfordert, also wagte er den Sprung auf den Kontinent – und hatte überall Erfolg. Wo er auch spielte, überall wurde er Meister: mit Ajax Amsterdam, Juventus Turin (diese Titel wurden dem Klub jedoch wegen des Manipulationsskandals aberkannt), Inter Mailand, dem FC Barcelona und dem AC Mailand. Aber immer kannte er auch seinen Preis. Für keinen Profi wurde in der Summe mehr Geld ausgegeben. Kein Wunder: Denn länger als drei Jahre ist er nirgendwo geblieben. Auch nicht bei Barça, seinem Traumverein. Ibrahimovic kam mit der Klub-Philosophie nicht zurecht, und mit Trainer Pep Guardiola. „Wir stehen hier mit beiden Beinen auf dem Boden. Wir sind hier alle ganz normale Jungs“, hatte der dem exzentrischen Schweden mit auf den Weg gegeben.

Doch Ibrahimovic ist kein ganz normaler Junge. „Wenn ich immer brav gewesen wäre, wäre ich nicht so weit gekommen“, sagt er. Irgendwann sprach Guardiola nicht mehr mit ihm. „Wenn ich in die Kabine kam, ging der Trainer raus“, sagt Ibrahimovic. Am Ende der Saison, in der er mal wieder viele Tore erzielt hatte, wurde der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte für einen Bruchteil der Ablöse wieder nach Italien verkauft. Wieder war es nur eine Zwischenstation: Seit Juli dieses Jahres kickt er äußerst erfolgreich beim neureichen Klub Paris Saint-Germain, wieder hat die Stadt kopfgestanden, als er französischen Boden betreten hat. Alle erwarten "Ibrakadabra“, den Zauber des Künstlers, und der gibt seinem Publikum, was es sehen will.

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Schöne Tore am Fließband

Viel Lärm, viel Trubel, große Gesten, aber Ibrahimovic, der mit seiner elf Jahre älteren Partnerin Helena Seger die Söhne Maximilian und Vincent hat, macht vor allem etwas anderes besonders: Er ist ein außergewöhnlicher Fußballer, der unberechenbar ist und mit dem Ball so ziemlich alles kann, der einen überragenden Torabschluss hat, der ehrgeizig ist und hart und diszipliniert arbeitet, der sich immer verbessern will. Er hat unter Fabio Capello und José Mourinho bestanden und reüssiert, das allein ist schon ein Qualitätsmerkmal. Inzwischen ist er der einzige Spieler, der für sechs verschiedende Klubs in der Champions League getroffen hat.

Und wer bei „YouTube“ nach seinen schönsten Toren sucht, muss lange scrollen und hat noch längst nicht alle gesehen. 2004 als Ajax-Spieler ließ er mal die halbe Mannschaft von NAC Breda stehen, ehe er den Ball ins Tor schob. Im selben Jahr bei der Europameisterschaft erzielte er gegen Italien ein Volleytor mit der Hacke. Und im vergangenen Sommer gelang ihm wieder das schönste EM-Tor: ein Seitfallzieher aus 16 Metern. Volley, Vollspann, Volltreffer.

"Ich bin sehr stolz darauf, Kapitän zu sein"

Seit einem Jahrzehnt ist Ibrahimovic Nationalspieler, mit Unterbrechungen gleichwohl. Zwischendurch war er mal außen vor gewesen, weil er den Zapfenstreich überzogen und anschließend die Entschuldigung verweigert hatte, auch zurückgetreten war er schon. Doch Erik Hamrén machte seinen Star kurz nach seinem Amtsantritt zum Spielführer. Und der nahm diese Rolle an. „Ich bin sehr stolz darauf, Kapitän zu sein“, sagte er vor der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. „Es gibt nichts Größeres, als seine Mannschaft als Spielführer in ein Turnier zu führen.“

Doch es endete schon nach drei Spielen und der Vorrunde. Doch für „Ibra“ ist der Weg noch nicht zu Ende. „Ich bin sogar noch motivierter als vorher“, sagte er nach dem EM-Aus. „Ich ärgere mich, wie unsere EM verlaufen ist, aber dadurch ziehe ich mich nicht zurück.“ 2014 will er unbedingt dabei sein, wenn sich die Weltelite in Brasilien trifft, dem Land von Bebeto und Romario. Und von Ronaldo, dem Helden seiner Jugend.