Gomez: "Wir haben noch gar nichts erreicht"

Zwei Spiele, drei Tore - es läuft für Mario Gomez. Der Stürmer des FC Bayern hat großen Anteil am perfekten Start der deutschen Nationalmannschaft in die Mission 2012. Nach dem 2:1 gegen die Niederlande hat sich der Torjäger im team.dfb.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke über seine Treffer und Ziele bei der EM in Polen und der Ukraine unterhalten.

team.dfb.de: Herr Gomez, Glückwunsch zum Sieg und zu Ihren Toren gegen die Niederlande. Beide Treffer waren alles andere als leicht zu erzielen. Wie haben Sie die Szenen erlebt?

Mario Gomez: Es waren jeweils genau die Situationen, auf die man als Stürmer lauert. Es ist heutzutage wahnsinnig schwierig für die zentralen Spitzen. Man hat meist zwei Gegenspieler und versucht, sich im Raum zwischen ihnen aufzuhalten, um in die Lücke gehen zu können. Gestern hat Bastian zwei Mal unglaublich gut und genau in diese Lücke gespielt. Beim ersten Tor habe ich den Ball mitgenommen, habe noch geschaut, was der Torwart macht und dann geschossen. Beim zweiten Treffer bekomme ich den Ball in die Gasse, der Winkel ist spitz. Beim Lauf zum Ball sehe ich das Tor, sehe, dass die lange Ecke möglich ist, wenn ich den Ball hoch schieße. So hab ich das dann gemacht. Und zum Glück ging es zwei Mal gut.

team.dfb.de: Der Pass kam jeweils von Bastian Schweinsteiger. Waren das noch ein Muster aus der Zeit, als er in München auf der Zehnerposition gespielt hat?

Gomez: Wer haben heute morgen schon darüber gescherzt. Es war so, wie es früher häufiger war. Er hat ein unheimlich gutes Auge und auch das Gefühl dafür, diese Bälle spielen zu können. Er ist ein Spieler mit viel Übersicht, wobei ich der Meinung bin, dass er noch häufiger die Bälle zu mir spielen könnte. (lacht)

team.dfb.de: Das will man als Stürmer ja immer, noch mehr Anspiele, noch mehr Bälle.

Gomez: Ich weiß halt, dass er genial spielen kann. Deswegen sage ich ihm immer: 'Du weißt, dass ich da bin, zwischen den Verteidigern, wenn Du durchspielst'. Es gibt häufig die Situation, dass Mittelfeldspieler auf die Abwehr zulaufen, zum Schuss ansetzen und sich die Verteidiger dann von mir lösen, weil sie den Schuss blocken wollen. Das sind die Momente, die ich meine, auf diese Augenblicke lauere ich als Stürmer. Und Bastian hat mich gestern zwei Mal fantastisch bedient.

team.dfb.de: Wissen Sie noch welche Gedanken Ihnen nach den Treffern als erstes durch den Kopf gegangen sind?



[bild1]

Zwei Spiele, drei Tore - es läuft für Mario Gomez. Der Stürmer des FC Bayern hat großen Anteil am perfekten Start der deutschen Nationalmannschaft in die Mission 2012. Nach dem 2:1 gegen die Niederlande hat sich der Torjäger im team.dfb.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke über seine Treffer und Ziele bei der EM in Polen und der Ukraine unterhalten.

team.dfb.de: Herr Gomez, Glückwunsch zum Sieg und zu Ihren Toren gegen die Niederlande. Beide Treffer waren alles andere als leicht zu erzielen. Wie haben Sie die Szenen erlebt?

Mario Gomez: Es waren jeweils genau die Situationen, auf die man als Stürmer lauert. Es ist heutzutage wahnsinnig schwierig für die zentralen Spitzen. Man hat meist zwei Gegenspieler und versucht, sich im Raum zwischen ihnen aufzuhalten, um in die Lücke gehen zu können. Gestern hat Bastian zwei Mal unglaublich gut und genau in diese Lücke gespielt. Beim ersten Tor habe ich den Ball mitgenommen, habe noch geschaut, was der Torwart macht und dann geschossen. Beim zweiten Treffer bekomme ich den Ball in die Gasse, der Winkel ist spitz. Beim Lauf zum Ball sehe ich das Tor, sehe, dass die lange Ecke möglich ist, wenn ich den Ball hoch schieße. So hab ich das dann gemacht. Und zum Glück ging es zwei Mal gut.

team.dfb.de: Der Pass kam jeweils von Bastian Schweinsteiger. Waren das noch ein Muster aus der Zeit, als er in München auf der Zehnerposition gespielt hat?

Gomez: Wer haben heute morgen schon darüber gescherzt. Es war so, wie es früher häufiger war. Er hat ein unheimlich gutes Auge und auch das Gefühl dafür, diese Bälle spielen zu können. Er ist ein Spieler mit viel Übersicht, wobei ich der Meinung bin, dass er noch häufiger die Bälle zu mir spielen könnte. (lacht)

team.dfb.de: Das will man als Stürmer ja immer, noch mehr Anspiele, noch mehr Bälle.

Gomez: Ich weiß halt, dass er genial spielen kann. Deswegen sage ich ihm immer: 'Du weißt, dass ich da bin, zwischen den Verteidigern, wenn Du durchspielst'. Es gibt häufig die Situation, dass Mittelfeldspieler auf die Abwehr zulaufen, zum Schuss ansetzen und sich die Verteidiger dann von mir lösen, weil sie den Schuss blocken wollen. Das sind die Momente, die ich meine, auf diese Augenblicke lauere ich als Stürmer. Und Bastian hat mich gestern zwei Mal fantastisch bedient.

team.dfb.de: Wissen Sie noch welche Gedanken Ihnen nach den Treffern als erstes durch den Kopf gegangen sind?

Gomez: Im Fernsehen sieht es so aus, als ob ich sehr verhalten jubeln würde. Das hatte nichts mit der Kritik vor dem Spiel oder irgendwelchen anderen Dingen zu tun. Es war einfach so, dass ich beim ersten Treffer losgerannt bin, schon die Faust machen und losjubeln wollte. Und dann habe ich auf den Rängen diese komplett orangene Wand der niederländischen Fans vor mir gesehen. Deswegen habe ich abgedreht und mich mit meinen Mitspielern gefreut. So war es beim zweiten Tor auch. Ich wollte die niederländischen Fans nicht provozieren und den Jubel in ihrer Kurve zelebrieren.

team.dfb.de: Wann haben Sie von Bundestrainer Joachim Löw erfahren, dass Sie auch gegen die Niederlande von Beginn an spielen?

Gomez: Ich habe es bei der Mannschaftsbesprechung erfahren. Aber ich bin auch davor davon ausgegangen, dass ich spielen werde. Der Trainer hat nach dem Spiel gegen Portugal mit mir ein Gespräch geführt, in dem wir die Partie analysiert haben. Und er hat mir gesagt, dass ich mich - entgegen der öffentlichen Diskussion - sehr gut bewegt habe, dass ich viel nach hinten gearbeitet habe und dass ich im entscheidenden Moment da war. Deswegen gab es wohl auch für den Trainer keinen Grund, etwas zu wechseln.

team.dfb.de: Diesmal haben Sie von der Nominierung in der Teamsitzung erfahren. Wie läuft es sonst? Der Bundestrainer kommt und sagt: Mario, Du spielst. Und dann? Fragen Sie: warum?

Gomez: (lacht) Ich frage nicht warum, dass ist mir ja letztendlich egal. Beim Spiel gegen Portugal war es so, dass der Bundestrainer mir früher gesagt, dass er sich für mich entschieden hat. Er hat mir gesagt, dass er honoriert, was ich in den vergangenen zwei Jahren geleistet habe und dass er viel Vertrauen in mich hat. Ich habe gesagt, dass ich mich freue und dass ich versuchen werde, das Vertrauen zu rechtfertigen.

team.dfb.de: Die Entscheidung für Gomez betrifft immer auch Miro Klose. Reden Sie danach miteinander?

Gomez: Nein. Im Grunde sind wir seit dem Jahr 2007 in dieser Situation. Am Anfang haben wir noch zusammen gespielt, danach hat der Trainer das System auf 4-3-3 geändert. In diesem System kann nur ein zentraler Stürmer spielen, wir kennen das seit gut vier Jahren. Und ich kann Miros Situation gut nachempfinden, weil ich oft genug derjenige war, der draußen sitzen musste. Wir sind beide zu sehr Sportler und wir lieben zu sehr das Spiel, als dass wir uns mit der Reservebank zufrieden geben würden. Diese Situation ist aber gut für die Mannschaft und gut für uns beide. Die Konkurrenz treibt uns zu Höchstleitungen.

team.dfb.de: Er jubelt bei Ihren Toren, ist oft der erste Gratulant - ein Zeichen seiner Charakterstärke. Wie würden Sie die persönliche Situationen zwischen sich und Klose beschreiben?

Gomez: Wenn ich spiele, hat Miro keinen Grund, sauer auf mich zu sein. Miro weiß, dass ich alles gebe. Ich weiß, dass er alles gibt. Wir sind beide Leistungssportler, wir bieten uns an - und der Trainer entscheidet sich. Wenn ich nicht spiele, unterstütze ich ihn, und wenn er nicht spielt, unterstützt er mich. Wir spielen in einer Mannschaft Fußball. Natürlich ist es schwierig, zu akzeptieren, wenn man nicht spielt. Und es ist einfach zu sagen, dass zu einer Mannschaft mehr als elf Spieler gehören, wenn man zu den elf Spielern gehört, die spielen. Aber letztendlich trifft das genau den Kern und unseren Teamgeist. Ich habe das bei der WM 2010 erlebt: Es gibt die Möglichkeit, zu resignieren und trotzig zu sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit zu sagen, dass es bei diesem Turnier einzig und allein darum geht, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Man muss sich einordnen. Dass heißt: Im Training Leistung zeigen, das Niveau hoch halten und die Mannschaft - und in dem Fall auch den Konkurrenten - so gut es geht unterstützen.

team.dfb.de: Sie sind bei der EM mit dem Ziel angetreten, Europameister zu werden. Wie wichtig sind daneben persönlichen Auszeichnungen? Sie sind auf einem guten Weg, Torschützenkönig zu werden...

Gomez: Nachdem ich erfahren habe, dass ich spielen werde, habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein gutes Turnier zu spielen. Bei der EM 2008 hatte ich Pech, bei der WM 2010 hatte ich nicht die Möglichkeit und war auch nicht in der Verfassung zu zeigen, was ich kann. Jetzt wusste ich, dass ich in einer sehr guten Verfassung bin und zwei Jahre lang konstante Leistungen gezeigt habe. Das wollte ich bei der EM bestätigen. In den ersten beiden Spielen ist mir dies ganz gut gelungen. Aber: Wir haben noch gar nichts erreicht. Alles, was bisher war, ist ohne jede Relevanz, wenn wir nach dem Viertelfinale nach Hause fahren. Ich möchte Erfolg für das Team: Das heißt, so weit wie möglich kommen. Das ist mein Ziel. Alles andere ergibt sich dann von alleine.

[bild2]

team.dfb.de: Vor etwa einem Jahr haben Sie gesagt, dass Ihr Ziel auch ist, in der Nationalmannschaft konstant zu treffen. Sie haben sich gewünscht, dass die Fans sagen, 'der Gomez hat es rumgerissen'. Dieses Ziel haben Sie jetzt schon erreicht.

Gomez: Diese Diskussion dürfte schon länger nicht mehr gelten. Ich habe in den vergangenen zwölf Länderspielen zwölf Tore erzielt und gute Leistungen gezeigt. Anfang 2011 war ich an den Punkt mich zu fragen, was ich will, wenn ich zur Nationalmannschaft fahre: Soll es eine Last für mich sein oder will ich Spaß haben und mich auf die Spiele freuen, wie jeder andere Spieler auch. Ich habe mich dann freigemacht von allen Diskussionen und dem Gerede um meine Person. Mir ist es vor allem gelungen, mich von dem Gedanken freizumachen, dass ich in einem Spiel immer alle Leute voll von mir überzeugen und sie für mich vereinnahmen will. Ich habe mir gesagt: 'Spiel dein Spiel, versuche, alles aus dir herauszuholen. Dann wirst du erfolgreich sein und wichtige Tore in der Nationalmannschaft machen.' Nach diesem Motto bin ich zu Länderspiele gefahren. Und nach und nach habe ich den Spaß zurück bekommen, den man benötigt, um gut Fußball spielen zu können.

team.dfb.de: Zwei Spiele, zwei Siege, gegen den Vizeweltmeister Niederlande und gegen Portugal, die Nummer zehn der Weltrangliste. Und dennoch nicht sicher für das Viertelfinale qualifiziert. Zeigt das, wie hoch das Niveau bei der EM ist?

Gomez: Ja. Auch wenn man die beiden Spiel sieht. Portugal und die Niederlande sind Mitfavoriten auf den Titel. Beide Spiele waren unglaublich intensiv. Die Niederlande haben eine Mannschaft, bei der man immer das Gefühl hat, dass sie nach vorne noch etwas machen kann. Aber es ist schon verrückt. Wenn man die ersten beiden Spiele gegen solche Mannschaften gewinnt und dennoch nicht sicher weiter ist, dann spricht das für das Niveau der Mannschaften und die Ausgeglichenheit bei diesem Turnier.

team.dfb.de: Ist es für den weiteren Verlauf des Turniers möglicherweise ganz gut, dass Deutschland gegen Dänemark noch Druck hat, dass Anspannung und Konzentration weiter hoch bleiben müssen?

Gomez: Wir wissen, dass wir noch einen Punkt brauchen. Diesen Punkt wollen wir uns unbedingt holen, wir wollen auch das letzte Spiel in der Gruppe gewinnen. Ich finde es gut, dass wir uns nicht ausruhen können. Wir spielen bei der EM maximal sechs Spiele, drei Mal in der Vorrunde und dann hoffentlich noch drei K.o.-Spiele inklusive Endspiel. Diese sechs Spiele kann man voll powern, das ist kein Problem. Der Urlaub danach kommt früh genug.