Nach der EM ist vor der WM. Auf DFB.de zieht Oliver Bierhoff seine EURO-Turnierbilanz
und schaut auf die kommenden Aufgaben in der WM-Qualifikation. Das nächste Ziel ist
für den Manager der Nationalmannschaft klar definiert: Brasilien 2014.
DFB.de: Herr Bierhoff, wie denken Sie mit etwas Abstand
über die Halbfinalniederlage gegen Italien?
Oliver Bierhoff: Es tut noch weh. Aber nach dem ersten Frust
beginne ich langsam, die vielen Dinge zu sehen, die
bei dieser EM positiv waren. Was die Mannschaft
über weite Strecken geleistet hat, finde ich beachtlich.
Auch das Potenzial, das noch in ihr steckt, lässt
uns optimistisch in die Zukunft blicken. Natürlich
hätten wir uns alle einen anderen Ausgang des Turniers
gewünscht. Wir müssen aber auch respektieren,
dass sich auch andere Mannschaften gesteigert
haben, attraktiven Fußball spielen und in einem Spiel
besser sein können.
DFB.de: Wurde die EM intern schon aufgearbeitet? Welche
Erkenntnisse haben Sie bei der Analyse des Turniers
gewonnen?
Bierhoff: Wir hatten intern eine Nachbesprechung, die
Detailanalyse steht aber noch aus. Ein erstes Fazit
haben wir gezogen – und das fällt positiv aus. Trotz
der Schwierigkeiten in der Vorbereitung mit den
unterschiedlichen Anreisen der Spieler und trotz
der Probleme mit diversen Verletzungen im Lauf
der Saison hatten wir eine reibungslose und optimale
Vorbereitung und haben ein gutes Turnier
gespielt. Insgesamt sind wir zufrieden, und
trotzdem sind wir auch enttäuscht, dass wir
es dieses Mal wieder nicht geschafft haben,
den Weg bis zu Ende zu gehen und den Titel
zu gewinnen. Das war unser großes Ziel,
aber der Traum ist eben leider nicht Realität
geworden.
DFB.de: Waren Sie über das Echo nach dem Halbfinale gegen Italien erstaunt, hat Sie die Wucht der Kritik überrascht?
Bierhoff: Mich hat dies verwundert. Ich habe nichts
gegen fundierte Kritik, aber mir waren
einige Darstellungen zu oberflächlich und
populistisch, damit kann ich nichts anfangen.
Auch nichts mit Schwarz-Weiß-Malerei –
ich erwarte eine Kommentierung, die differenziert
und nicht nur ergebnisabhängig ist.
Viele Berichterstatter haben die Dinge auf den
Punkt gebracht, einige wenige haben teilweise
wider besseres Wissen ge- und beurteilt, obwohl
sie als ständige Wegbegleiter der Nationalmannschaft
über genügend Hintergrundwissen über
unsere Entwicklung, Abläufe und unser Selbstverständnis
verfügen. Alles nach einem Spiel in Frage zu stellen, ist für mich überraschend und enttäuschend
– das haben die Trainer, die Spieler und der
DFB nicht verdient. Es ist schön, dass unser Präsident
Wolfgang Niersbach nie Zweifel aufkommen
ließ, dass der Verband hinter uns steht.
DFB.de: Wie beurteilen Sie die Reaktion der Fans in Warschau,
aber auch während des gesamten Turniers in den
Stadien bei den Spielen der DFB-Auswahl und zu
Hause in Deutschland?
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Nach der EM ist vor der WM. Auf DFB.de zieht Oliver Bierhoff seine EURO-Turnierbilanz
und schaut auf die kommenden Aufgaben in der WM-Qualifikation. Das nächste Ziel ist
für den Manager der Nationalmannschaft klar definiert: Brasilien 2014.
DFB.de: Herr Bierhoff, wie denken Sie mit etwas Abstand
über die Halbfinalniederlage gegen Italien?
Oliver Bierhoff: Es tut noch weh. Aber nach dem ersten Frust
beginne ich langsam, die vielen Dinge zu sehen, die
bei dieser EM positiv waren. Was die Mannschaft
über weite Strecken geleistet hat, finde ich beachtlich.
Auch das Potenzial, das noch in ihr steckt, lässt
uns optimistisch in die Zukunft blicken. Natürlich
hätten wir uns alle einen anderen Ausgang des Turniers
gewünscht. Wir müssen aber auch respektieren,
dass sich auch andere Mannschaften gesteigert
haben, attraktiven Fußball spielen und in einem Spiel
besser sein können.
DFB.de: Wurde die EM intern schon aufgearbeitet? Welche
Erkenntnisse haben Sie bei der Analyse des Turniers
gewonnen?
Bierhoff: Wir hatten intern eine Nachbesprechung, die
Detailanalyse steht aber noch aus. Ein erstes Fazit
haben wir gezogen – und das fällt positiv aus. Trotz
der Schwierigkeiten in der Vorbereitung mit den
unterschiedlichen Anreisen der Spieler und trotz
der Probleme mit diversen Verletzungen im Lauf
der Saison hatten wir eine reibungslose und optimale
Vorbereitung und haben ein gutes Turnier
gespielt. Insgesamt sind wir zufrieden, und
trotzdem sind wir auch enttäuscht, dass wir
es dieses Mal wieder nicht geschafft haben,
den Weg bis zu Ende zu gehen und den Titel
zu gewinnen. Das war unser großes Ziel,
aber der Traum ist eben leider nicht Realität
geworden.
DFB.de: Waren Sie über das Echo nach dem Halbfinale gegen Italien erstaunt, hat Sie die Wucht der Kritik überrascht?
Bierhoff: Mich hat dies verwundert. Ich habe nichts
gegen fundierte Kritik, aber mir waren
einige Darstellungen zu oberflächlich und
populistisch, damit kann ich nichts anfangen.
Auch nichts mit Schwarz-Weiß-Malerei –
ich erwarte eine Kommentierung, die differenziert
und nicht nur ergebnisabhängig ist.
Viele Berichterstatter haben die Dinge auf den
Punkt gebracht, einige wenige haben teilweise
wider besseres Wissen ge- und beurteilt, obwohl
sie als ständige Wegbegleiter der Nationalmannschaft
über genügend Hintergrundwissen über
unsere Entwicklung, Abläufe und unser Selbstverständnis
verfügen. Alles nach einem Spiel in Frage zu stellen, ist für mich überraschend und enttäuschend
– das haben die Trainer, die Spieler und der
DFB nicht verdient. Es ist schön, dass unser Präsident
Wolfgang Niersbach nie Zweifel aufkommen
ließ, dass der Verband hinter uns steht.
DFB.de: Wie beurteilen Sie die Reaktion der Fans in Warschau,
aber auch während des gesamten Turniers in den
Stadien bei den Spielen der DFB-Auswahl und zu
Hause in Deutschland?
Bierhoff: In Warschau gab es trotz der für uns alle enttäuschenden
Niederlage keine Pfiffe oder sonstige
Unmutsäußerungen. Und auch vorher bei den Spielen
in der Ukraine haben uns unsere Fans großartig
unterstützt. Das war fantastisch. Wir haben bei der
EM vier von fünf Spielen gewonnen, gegen Teams
wie Portugal und die Niederlande, die zur Weltspitze
gehören. Die Mannschaft hat auch gegen Italien mit
Herz, Stolz und Leidenschaft gespielt. Sie hat
gekämpft, sie hat alles gegeben. Die Fans im Stadion
haben das gemerkt und ein feines Gespür
gezeigt. Mich hat ihre Reaktion sehr gefreut, weil
sie zeigt, wie groß die Bindung zwischen Fans und
Mannschaft ist.
DFB.de: Wie fällt die Bilanz des Turniers aus wirtschaftlicher
Sicht aus?
Bierhoff: Positiv. So wie bei den vergangenen Turnieren
auch, werden wir Gewinn machen, der mit der
Liga geteilt wird. Es liegen aber noch keine
abschließenden Zahlen vor. Der Gewinn wird
sicher nicht ganz so hoch ausfallen wie bei
den vorangegangenen Turnieren, als wir
ein Plus von bis zu sechs Millionen Euro
erwirtschaften konnten. Gerade vor
dem Hintergrund der "Luxusdiskussion"
um die Nationalmannschaft
halte ich dies für erwähnenswert.
So schön der Gewinn ist und so
sehr er uns freut – selbstverständlich
ist er nicht das primäre
Ziel unserer Arbeit. Vielmehr
muss immer der sportliche Erfolg
im Vordergrund stehen, und darauf
sind auch all unsere Investitionen
abgestimmt. Was wir ausgeben,
soll dazu dienen, dass die
professionellen Bedingungen optimal
sind und somit alle Voraussetzungen
für ein positives Abschneiden des Teams
bei einem Turnier geschaffen werden.
DFB.de: Für die Nationalmannschaft geht es nach
der kurzen Sommerpause mit einem Highlight
weiter – am 15. August trifft das Team
in Frankfurt auf Argentinien. Schon ein
kleiner Vorgeschmack auf die WM 2014 in
Brasilien?
Bierhoff: Für die Entwicklung der Mannschaft ist es gut,
dass wir die Freundschaftsspiele mit hochklassigen
Gegnern besetzt haben. Auch für die Fans ist das
natürlich toll. Das Spiel gegen Argentinien ist ein
Prestigeduell, es werden viele Weltklassespieler auf dem Rasen stehen. Wir wollen gut in die Saison starten
und uns mit einem überzeugenden Auftritt
Schwung holen für die Qualifikation zur WM 2014
in Brasilien.
DFB.de: Deutschland spielt in einer Gruppe mit Schweden,
Österreich, Kasachstan, Irland und den Färöer-Inseln.
Unlösbar sollte diese Konstellation nicht sein.
Bierhoff: Wir sind die Nummer zwei der Weltrangliste, wir
haben mit Sicherheit keine Angst vor dieser Gruppe.
Wir wissen aber auch, dass die Qualifikation kein
Selbstläufer wird. Wir müssen aufpassen, die Gegner
sind unangenehm. Die Schweden haben bei der
EM gezeigt, welche Moral sie haben, die Iren sind
auch nicht leicht zu spielen. Und gegen die Österreicher
erwartet uns immer ein besonderes Duell.
Wir sind uns bewusst, dass unserem Team ein hartes
Stück Arbeit bevorsteht.
DFB.de: Spiel eins führt das Team gleich gegen den "kleinsten
Gegner", am 7. September geht es in Hannover
gegen die Färöer-Inseln. Wie schwierig ist die Umstellung
vom EM-Halbfinale gegen Italien zu einem Spiel
gegen die Nummer 155 der FIFA-Weltrangliste? Wie
groß ist die Gefahr, diesen Gegner zu unterschätzen?
Bierhoff: Natürlich ist es nicht einfach, die Motivation immer
wieder hochzufahren. Aber die Spieler sind solche
Situationen gewohnt. Wir haben in Deutschland tolle
Stadien, fast alle Länderspiele waren zuletzt ausverkauft.
Schon um der Fans Willen werden die Spieler
alles geben. Natürlich darf man keinen Gegner
unterschätzen, aber: Zu Hause, gegen die Färöer,
bei allem Respekt, da müssen wir über den Ausgang
des Spiels nicht diskutieren.
DFB.de: Das Halbfinal-Aus bei der EM bedeutet auch, dass
die Nationalmannschaft im kommenden Jahr beim
Confed-Cup in Brasilien nicht dabei sein wird. Besteht die Überlegung, im Jahr 2013 dennoch eine Südamerika-Reise zu unternehmen, um die Gegebenheiten im Land des WM-Gastgebers bereits im Vorfeld besser
kennenzulernen?
Bierhoff: Wir hätten gerne den Confed-Cup gespielt, auch
wenn er eine zeitliche Belastung darstellt. Dieses
Turnier ist ein guter Testlauf für die WM, nicht nur
für den Gastgeber. Wir denken deshalb darüber nach, eine Fernreise zu machen. Diese weiten Reisen und
die vielen Eindrücke haben gerade auf die Persönlichkeitsentwicklung
der jungen Spieler immer einen
positiven Effekt. Ich halte es auch für sinnvoll, wenn
wir im Hinblick auf die WM möglichst viele Spiele
gegen Mannschaften machen, die nicht aus Europa
kommen. Nach Brasilien wird die Reise im kommenden
Sommer jedoch eher nicht gehen. Die USA
könnten eine Alternative sein. Das muss aber noch
im Detail besprochen werden, auch mit der Liga.
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DFB.de: Bei der EM wurden das Team-Basecamp im Hotel Dwór
Oliwski und die gesamte Organisation rund um die
deutsche Mannschaft sehr gelobt. Gibt es schon jetzt
Überlegungen und Planungen in Richtung 2014, ist
das Team-Basecamp für Brasilien schon besichtigt?
Bierhoff: Ich habe mich früher immer gescheut, weit im
Vorfeld darüber zu reden. Es soll nicht der Eindruck
entstehen, dass wir uns zu sicher sind und ganz fest
davon ausgehen, dass wir uns auf jeden Fall für die
Weltmeisterschaft qualifizieren. So arrogant sind
wir nicht. Aber es wäre fahrlässig, wenn wir nicht
jetzt schon planen würden. Man kann es sich heute
nicht mehr erlauben, mit den wichtigen
Entscheidungen lange zu warten
und erst ein halbes Jahr vor
Beginn des Turniers sein Team-Basecamp zu wählen. Die anderen
großen Nationen sind auch frühzeitig
in Brasilien unterwegs. Wir werden
im Herbst eine längere Reise
dorthin machen, um das Land und
die verschiedenen Spielorte und
Städte kennenzulernen. Dabei werden
wir auch Ausschau nach einem
geeigneten Quartier für das Team-Basecamp halten.
DFB.de: Nach der EM sind die Spieler in die
Ferien geflogen. Was machen Sie?
Bierhoff: Auch Urlaub. Ich habe jetzt sehr
intensive Wochen hinter mir, in
denen ich fast rund um die Uhr im
Einsatz war. Die EM war toll, sie hat
Spaß gemacht, sie war aber auch
kräftezehrend. Als die Anspannung
abgefallen ist, kam die Müdigkeit
zum Vorschein. Uns allen tut es jetzt
gut, mal abzuschalten und die Akkus
wieder aufzuladen.