Ilkay Gündogan: "Das gibt mir für die nächsten Wochen Auftrieb"

Comeback beim Spiel unter Meistern. Es gibt schlechtere Rahmen für eine Rückkehr als den, den sich Ilkay Gündogan ausgesucht hat. Der Dortmunder feierte im Spiel zwischen Weltmeister Deutschland und Asienmeister Australien sein Comeback in der Nationalmannschaft. Am Tag nach dem Spiel hat er mit Redakteur Steffen Lüdeke über seine Eindrücke vom Betzenberg gesprochen. Und über ein wichtiges Anliegen: Integration.

DFB.de: Herr Gündogan, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Comeback?

Ilkay Gündogan: Ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass ich nach so langer Zeit den Weg zurück in die Nationalmannschaft gefunden habe. Ausgerechnet in Kaiserlautern, wo ich ja auch mein letztes Länderspiel vor der langen Verletzungsphase absolviert hatte. Ich denke, dass mir das für die nächsten Wochen Auftrieb geben wird.

DFB.de: Und sportlich? Wie bewerten Sie das 2:2 gegen Australien?

Gündogan: Positiv ist, dass wir das Spiel nicht verloren haben. Aber klar ist auch, dass wir noch viel Luft nach oben haben. Wobei ich das Spiel auch nicht zu negativ bewerten würde. Wir haben einiges getestet, haben hinten mit einer Dreier-Kette gespielt. Das ist für uns nicht der Standard, von daher mussten wir uns alle erst ein wenig einfinden. Ich denke trotzdem, dass wir phasenweise richtig gut kombiniert haben. Wir haben schöne Tore herausgespielt, dazu eine Hand voll weitere Möglichkeiten. Wir hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht als das 2:2, aber ein Drama sehe ich darin nicht.

DFB.de: Sie selber hätten nach drei Minuten beinahe die Führung erzielt. Ihr Schuss ging hauchdünn neben den rechten Pfosten.

Gündogan: Ja, das war sehr schade. Wobei es für mich auch wichtig ist, dass ich überhaupt in solche Situationen komme und Torgefahr zeige. Das ist ein Bereich, in dem ich mich noch steigern muss.

DFB.de: Bei Verbrechern sagt man, dass sie immer einmal an den Tatort zurückkommen, um mit dem Verbrechen abzuschließen. Sie haben gestern etwas Ähnliches gemacht…

Gündogan: Na, das ist ja mal ein schöner Vergleich. (lacht)

DFB.de: Uns ist kein besserer eingefallen. Dennoch: Sind Sie durch das Spiel noch freier – sind nun alle negativen Hintergedanken aus Ihrem Kopf verschwunden?

Gündogan: Negative Gedanken hatte ich nicht. Aber ich habe schon das Gefühl, dass ich mit dem Spiel gestern etwas abgeschlossen habe. Für mich hat sich tatsächlich ein Kreis geschlossen und ein neues Kapitel geöffnet. Ich sehe das Spiel ein Stück weit als Neustart in der Nationalmannschaft. Eine neue Phase beginnt, meine Rückkehr soll keine einmalige Sache bleiben. Ich bin sicher, dass sich meine Leistung von Woche zu Woche steigern wird und ich mich damit dauerhaft in die Mannschaft zurückkämpfen kann. Gestern habe ich auf diesem Weg einen ersten Schritt gesetzt.

DFB.de: Wie erleben Sie die Zeit bei der Nationalmannschaft? Ähnlich wie im August 2011, als Sie zum ersten Mal in diesem Kreis dabei gewesen sind?

Gündogan: Wenn man das erste Mal dabei ist, dann ist man immer ein wenig schüchterner, zurückhaltender, nicht immer kann man dann auf dem Platz sein volles Potenzial abrufen. Auch ich habe eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigt. Wenn ich das mit heute vergleiche, dann ist das ein Riesenunterschied. Für die Nationalmannschaft ist in den vergangenen Jahren viel Positives passiert und für mich einiges Negatives. Aber diesen Blick zurück will ich vermeiden. Ich erlebe hier eine Art Neustart, da sind Gedanken an die Vergangenheit nicht hilfreich.



Comeback beim Spiel unter Meistern. Es gibt schlechtere Rahmen für eine Rückkehr als den, den sich Ilkay Gündogan ausgesucht hat. Der Dortmunder feierte im Spiel zwischen Weltmeister Deutschland und Asienmeister Australien sein Comeback in der Nationalmannschaft. Am Tag nach dem Spiel hat er mit Redakteur Steffen Lüdeke über seine Eindrücke vom Betzenberg gesprochen. Und über ein wichtiges Anliegen: Integration.

DFB.de: Herr Gündogan, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Comeback?

Ilkay Gündogan: Ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass ich nach so langer Zeit den Weg zurück in die Nationalmannschaft gefunden habe. Ausgerechnet in Kaiserlautern, wo ich ja auch mein letztes Länderspiel vor der langen Verletzungsphase absolviert hatte. Ich denke, dass mir das für die nächsten Wochen Auftrieb geben wird.

DFB.de: Und sportlich? Wie bewerten Sie das 2:2 gegen Australien?

Gündogan: Positiv ist, dass wir das Spiel nicht verloren haben. Aber klar ist auch, dass wir noch viel Luft nach oben haben. Wobei ich das Spiel auch nicht zu negativ bewerten würde. Wir haben einiges getestet, haben hinten mit einer Dreier-Kette gespielt. Das ist für uns nicht der Standard, von daher mussten wir uns alle erst ein wenig einfinden. Ich denke trotzdem, dass wir phasenweise richtig gut kombiniert haben. Wir haben schöne Tore herausgespielt, dazu eine Hand voll weitere Möglichkeiten. Wir hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht als das 2:2, aber ein Drama sehe ich darin nicht.

DFB.de: Sie selber hätten nach drei Minuten beinahe die Führung erzielt. Ihr Schuss ging hauchdünn neben den rechten Pfosten.

Gündogan: Ja, das war sehr schade. Wobei es für mich auch wichtig ist, dass ich überhaupt in solche Situationen komme und Torgefahr zeige. Das ist ein Bereich, in dem ich mich noch steigern muss.

DFB.de: Bei Verbrechern sagt man, dass sie immer einmal an den Tatort zurückkommen, um mit dem Verbrechen abzuschließen. Sie haben gestern etwas Ähnliches gemacht…

Gündogan: Na, das ist ja mal ein schöner Vergleich. (lacht)

DFB.de: Uns ist kein besserer eingefallen. Dennoch: Sind Sie durch das Spiel noch freier – sind nun alle negativen Hintergedanken aus Ihrem Kopf verschwunden?

Gündogan: Negative Gedanken hatte ich nicht. Aber ich habe schon das Gefühl, dass ich mit dem Spiel gestern etwas abgeschlossen habe. Für mich hat sich tatsächlich ein Kreis geschlossen und ein neues Kapitel geöffnet. Ich sehe das Spiel ein Stück weit als Neustart in der Nationalmannschaft. Eine neue Phase beginnt, meine Rückkehr soll keine einmalige Sache bleiben. Ich bin sicher, dass sich meine Leistung von Woche zu Woche steigern wird und ich mich damit dauerhaft in die Mannschaft zurückkämpfen kann. Gestern habe ich auf diesem Weg einen ersten Schritt gesetzt.

DFB.de: Wie erleben Sie die Zeit bei der Nationalmannschaft? Ähnlich wie im August 2011, als Sie zum ersten Mal in diesem Kreis dabei gewesen sind?

Gündogan: Wenn man das erste Mal dabei ist, dann ist man immer ein wenig schüchterner, zurückhaltender, nicht immer kann man dann auf dem Platz sein volles Potenzial abrufen. Auch ich habe eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigt. Wenn ich das mit heute vergleiche, dann ist das ein Riesenunterschied. Für die Nationalmannschaft ist in den vergangenen Jahren viel Positives passiert und für mich einiges Negatives. Aber diesen Blick zurück will ich vermeiden. Ich erlebe hier eine Art Neustart, da sind Gedanken an die Vergangenheit nicht hilfreich.

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DFB.de: Die Länderspielphase folgt auf einen Bundesligaspieltag, der als Integrationsspieltag im Zeichen der Kampagne "Mach einen Strich durch Vorurteile" stand, eine Anti-Diskriminierungs-Kampagne von Bundesregierung, DFL und DFB, als deren Botschafter Sie fungieren. Wie oft haben Sie als Kind türkischer Einwanderer Vorurteile erlebt?

Gündogan: Ich habe eigentlich noch nie negative Erfahrungen gemacht. Ich weiß aber, dass ich damit nicht beispielhaft stehe. Durch meinen Beruf und meine exponierte Stellung als Fußballprofi und Nationalspieler werde ich von den Leuten grundsätzlich positiver gesehen, wobei mein Beruf über den Menschen Gündogan ja eigentlich überhaupt nichts aussagt. Mir kommt aber auch zu Gute, dass ich auch aufgrund anderer Faktoren hervorragend integriert bin. Ich bin in Deutschland geboren und unter Deutschen aufgewachsen, ich beherrsche die Sprache zu 100 Prozent. Ich hatte dadurch noch nie Probleme, mich in das soziale Leben einzubringen.

DFB.de: Sie haben gesagt, dass Sie über Ausländerwitze lachen können.

Gündogan: Stimmt, vor kurzem erst. Ich wurde gefragt und ich habe "ja" gesagt. Wobei es natürlich auf die Art des Witzes ankommt. Humor ist oft ein gutes Mittel, ein Mittel der Integration. Ich kann auch über mich selber lachen. Man muss nicht immer alles so ernst nehmen. Als Fußballer erlebt man es oft, dass man sich im gegnerischen Stadion einiges anhören muss. Vieles davon ist sogar nicht als Scherz gemeint – aber gerade deswegen versuche ich, solche Dinge mit einem Lächeln zu nehmen.

DFB.de: Können Sie auch über Deutschen-Witze lachen?

Gündogan: Klar, da gibt es keinen Unterschied.

DFB.de: Kennen Sie einen guten?

Gündogan: Nein, leider, bei Witzen bin ich der falsche Ansprechpartner. Aber da haben wir hier einige andere, die damit dienen könnten. Thomas Müller zum Beispiel. Bestimmt auch mit Deutschen-Witzen.

DFB.de: Im Rahmen der Kampagne sind Sie in einem Spot zu sehen, in dem Sie einen Begriff in Spiegelschrift schreiben. Wie groß war die motorische Herausforderung – Spiegelschrift?

Gündogan: Es war nicht einfach. Der Dreh war sehr gut vorbereitet, alles war sehr professionell. Aber es musste schnell gehen, deswegen war ich froh, dass ich bei der Spiegelschrift eine kleine Hilfestellung hatte.

DFB.de: Zumal der Begriff auch ohne Spiegelschrift seine Tücken hat. Sie haben das Wort "Diskriminierung" geschrieben. Da hat sich das Abitur endlich mal gelohnt.

Gündogan: Ja. (lacht) Jetzt weiß ich, wofür die ganze Lernerei gut war.

DFB.de: Was glauben Sie, was so eine Kampagne bewirken kann? Werden die Menschen damit wirklich erreicht?

Gündogan: Ja, sonst würden wir das nicht machen. Fußball hat eine unglaublich große Reichweite und damit auch eine große Verantwortung. Durch den Integrationsspieltag erfährt das Thema Aufmerksamkeit, natürlich trägt dies dazu bei, die Menschen für diese Problematik zu sensibilisieren. Wir sind Vorbilder, wir beziehen Stellung, wir sagen unsere Meinung. Ich glaube fest, dass wir damit etwas erreichen.

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DFB.de: Es gibt den Vorwurf, Kampagnen wie "Mach einen Strich durch Vorurteile" wären nicht viel mehr als Feigenblätter. Gemacht lediglich für die öffentliche Wirkung. Unternimmt der organisierte Fußball in Deutschland genug gegen Diskriminierung und für die Integration?

Gündogan: Ich kann den Vorwurf nicht nachvollziehen, damit macht man es sich auch viel zu einfach. Wer weiß, wie viele Aktionen es unter dem Dach von DFB, DFL und der Klubs gibt, der kann niemandem das aufrichtige Bemühen absprechen. Wer meckert, sollte sich informieren. Und wer sich informiert, wird nicht mehr meckern. Jedenfalls nicht beim Thema Integration und Fußball. Mehr kann man immer fordern. Ich denke aber, dass es auch einen Punkt gibt, an dem man ein Thema überstrapaziert. Irgendwann hängt es den Menschen zum Halse raus - und dann erreicht man eher das Gegenteil. Aber noch einmal: Ich glaube nicht, dass zu wenig unternommen wird. Heute Abend beispielsweise wird der DFB-Integrationspreis verlieren, auch das ist viel mehr als lediglich eine Aktion für die Öffentlichkeit.

DFB.de: Dieser Preis würdigt Aktionen an der Basis, im Amateurfußball.

Gündogan: Und es ist doch ein tolles Signal an alle, die sich engagieren, dass dies auch wahrgenommen, gewürdigt und unterstützt wird.

DFB.de: In Ihrer Geschichte gibt es im Grunde einen doppelten Migrationshintergrund. Ihre Vorfahren mussten sich in Deutschland integrieren, Sie selber als Gelsenkirchner beim BVB. Was war die größere Herausforderung?

Gündogan: Für meine Eltern war es deutlich schwieriger, für meine Familie generell. Mein Opa war ja der Erste, der nach Deutschland gekommen ist. Er ist vor über 40 Jahren alleine hierhergekommen, er konnte kein Wort Deutsch und hat mit vielen anderen türkischen Einwandern in einem Heim gelebt. Mit den deutschen Kollegen auf Arbeit gab es deswegen so gut wie keine Kommunikation. Diese Phase muss sehr schwierig gewesen sein. Die Familie ist ihm dann sechs Jahre später erst gefolgt. Mein Onkel, also der kleine Bruder meines Vaters, ist der erste aus unsere Familie, der in Deutschland geboren ist. Für uns in Deutschland Geborene ist es einfacher, weil wir durch den Kindergarten und die Schule im Grunde automatisch die Sprache als wichtigstes Integrationsmittel an die Hand bekommen haben. Meine Eltern habe dies selber vorgelebt und bei uns immer gefördert. Sie wollten, dass wir offen sind und uns in diese Gesellschaft einbringen können. Dafür kann ich ihnen nicht genug danken.

DFB.de: In Profimannschaften ist Integration ein ständiges Thema, die Fluktuation ist hoch, jede Saison kommen neue Spieler. Unternehmen Sie ganz bewusst etwas, um den Neuen die Eingewöhnung zu erleichtern?

Gündogan: Im Fußball ist es sehr leicht, dass Meiste geht von alleine. Aber es gibt schon ein paar Aktionen, meist in der Saisonvorbereitung. Wir veranstalten dabei immer Mannschaftsabende, bei denen jeder neue Spieler etwas aufführen muss. Meist wird gesungen oder getanzt. Das ist im ersten Moment nicht einfach, ich habe das ja mehr als einmal selber machen müssen. Aber wenn man sich dann überwunden hat, dann ist das ein gutes Mittel. Man hat zusammen Spaß, man lacht, es fällt dann leichter sich zu öffnen, man kommt ins Gespräch. Ansonsten versuche ich allen neuen Spielern das Gefühl zu geben, dass sie sich jederzeit an mich wenden können, dass ich ihnen helfe, wenn sie Hilfe benötigen.

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DFB.de: Zurück zum Sport. Morgen fliegen Sie mit der Nationalmannschaft nach Tiflis. Am Sonntag steht das EM-Qualifikationsspiel gegen Georgien an. Sind Sie nach dem Spiel gegen Australien optimistischer oder pessimistischer im Hinblick auf diese Partie?

Gündogan: Die Spiele kann man kaum miteinander vergleichen. Georgien hat eine Mannschaft, die defensiver spielen wird als die Australier es getan haben. Ich gehe davon aus, dass sie versuchen werden, aus der Stabilität heraus mit Kontern zum Erfolg zu kommen. Für uns heißt das, dass wir hellwach sein und Lösungen finden müssen. Nach vorne können wir anknüpfen an das Kombinationsspiel und das Tempospiel, das wir phasenweise gegen Australien gezeigt haben. Wenn wir das beherzigen, dann sollten wir als Sieger den Platz verlassen.

DFB.de: Sorgen im Hinblick auf das Ticket für Frankreich machen Sie sich nicht?

Gündogan: Nein. Wir haben ja alles selbst in der Hand, wir spielen noch gegen alle direkten Konkurrenten. Wir sind von niemanden abhängig, das ist ein gutes Gefühl.