Bauer-Blog: Finish, Au Revoir, Servus!

Kilometer sammeln wie andere Panini-Bilder. Das ist das Motto von Steffen Bauer bei der EURO 2016 in Frankreich. Das Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft wird bis zu 19 EM-Spiele besuchen und dafür rund 10.000 Kilometer unterwegs sein. Von seiner Tour berichtet der 26-Jährige aus Mönchberg in unserem Blog.

Marseille, 08. Juli 2016: "Um 23.10 Uhr, etwa 20 Minuten nach Abpfiff des Halbfinals, kam der Sicherheitsmann im Stade Vélodrome auf Eva und mich zu und sagte „Finish“. Er forderte uns freundlich auf das Stadion jetzt bitte zu verlassen. Da wurde es mir klar: Das war es nun – Finish, aus und vorbei. Das war unser letztes von 18 Spielen bei der EURO 2016 in Frankreich.

Während unserer gesamten Tour war ich fest davon überzeugt, dass wir am Sonntag nach Saint-Denis zu einem Finale mit deutscher Beteiligung fahren würden. Nun holte mich die Realität ein. Eine Kombination aus allen möglichen Emotionen überkam mich: Etwas Verärgerung auf den Schiri – der im Nachhinein betrachtet natürlich keine Schuld trägt. Traurigkeit, weil die deutsche Mannschaft es doch nicht geschafft hat. Aber auch große Freude über alles, was wir bis hier hin erlebt hatten. Es war und ist ein komisches Gefühl, das man mitnimmt, wenn man geht, nachdem man vier Wochen Teil einer großen Fußballfamilie war.

Unser Leid ist des Franzosen Freud – und auch das gönnen wir ihnen. Gestern Abend haben sie ihren Jubel im Autokorso gefeiert, auf unserem Weg ins Hotel wurden wir zum Teil davon. Ein Franzose hupte mich an, ich hupte zurück. Und symbolisch dachte ich mir: Das war es, mein abschließendes „Au Revoir, Frankreich“."

Lyon, 5. Juli 2016: "Mit meiner neuen, lässigen Badeshorts ins Schwimmbad - das war der Plan nach 460 Kilometer Autofahrt bei strahlendem Sonnenschein von Paris nach Lyon. Gekommen bin ich gerade einmal bis zur Eingangsschleuse des Freizeitbads.

Einlasskontrollen kannten wir, hier erwartete uns jedoch eine, der etwas anderen Art: Man bat mich höflich, meine Badeshorts zu zeigen und war dann mit dem Befund nicht zufrieden. Denn Bermuda-Badeshorts, wie man sie von deutschen oder spanischen Stränden kennt, sind hier in Frankreich nicht nur ungern gesehen, sondern strikt verboten. Aus Hygienegründen, wie uns erklärt wurde. Der Einlass wurde mir somit verwehrt. Es hätte eine hautenge Badehose sein müssen, erklärte mir die Dame an der Kasse. À la Michael Phelps sozusagen.

Zum Glück war die Kassiererin zu einer kleinen Verhandlung bereit und ich durfte letztendlich das Schwimmbad doch noch betreten. Allerdings unter Auflagen: Wir konnten den Kompromiss finden, dass ich mit meinem Handtuch die getragene Badehose verdecke, sodass sie im wahrsten Sinne des Wortes „undercover“ blieb. Ins kühle Nass durfte ich so allerdings nicht. So musste Eva alleine ein paar Bahnen schwimmen."

Paris, 4. Juli 2016: ""Fußball ist unser Leben" tönte es 1974 auf dem Weg zum Weltmeistertitel aus dem Radio. 1996 bahnte sich der Hit "Football’s Coming Home" seinen Weg durchs Wembley-Stadion und wurde zum populärsten Fußballsong seit "You’ll Never Walk Alone". In diesem Jahr sorgt ein Ire für den musikalischen Meilenstein der Europameisterschaft. Wir hören sie immer und immer wieder, gesungen von allen Nationen in französischen Pubs und in den Stadien – die Hommage an Will Grigg.

Um diesem Ohrwurm, Nationalhymnen und Fan-Gesängen ab und zu mal zu entkommen, greifen wir während unserer Fahrten auf Krimi-Hörbuch von Joy Fielding und Charts auf unserem Ipod zurück. So auch auf dem Weg von Bordeaux nach Paris. Wir lassen den Zufall die Songs auswählen. Und als hätte der Fußball-DJ seine Finger in der Rotation gehabt, beginnen die Chords zum ersten Song: "Wer friert uns diesen Moment ein, besser kann es nicht sein…" – Andreas Bouranis "Auf uns". Kurz darauf die Toten Hosen mit "An Tagen wie diesen". Ja, es sind Tage und Momente wie diese, die uns verdutzt klar machen, dass im Moment alles um uns herum von EURO erfasst ist."

Marseille/Lille, 30. Juni/1. Juli 2016: "Rasthof-Snack, interkontinentales Hotel-Frühstück und zwischendurch einen Cappuccino. Was die Verpflegung auf unserer Reise angeht, können wir uns überhaupt nicht beschweren – aber „typisch französisch“ sieht anders aus.

In Marseille sollten nun endlich rein französische Gerichte auf den Teller kommen. Die Cuisine Française bietet viele kulinarische Facetten, auf die wir nicht länger verzichten wollten. Besonders Fisch und Meeresfrüchte stehen hoch im Kurs – auch bei uns. Und wo findet man diese besser, leckerer und frischer als an der Küste einer französischen Hafenstadt?

Wir haben uns auf den Weg gemacht und ein kleines Hafenfest am Vieux Port entdeckt. Männer nehmen frischen Fisch aus, zwei Stände weiter wird Fischsuppe aus großen Töpfen aufgetischt, zwischendrin stehen Touristen, Einheimische und Eva und ich. Wir haben uns für einen reichlich gefüllten Fischteller mit vielfältiger Auswahl entschieden: Lachs, Calamari, Scampi und Muscheln - alles, was das Herz begehrt. Dazu eine Flasche Vin Blanc.

Eva hat ihre Portion nicht geschafft, trotzdem schien heute die Sonne, in der wir nun freudig dem Spiel Wales gegen Belgien entgegenfiebern."

Marseille, 29. Juni 2016: „Es kam ein bisschen Schüleraustausch-Feeling auf, als wir vorgestern unsere neue Unterkunft bezogen haben: bei einer französischen Gastfamilie. Maman et Papa – die uns vorher nur über Mailkontakt kannten - haben sich gefreut, als wären ihre eigenen Kinder nach Hause gekommen und haben sogar das elterliche Schlafzimmer für uns geräumt.

Es sollte den Gästen aus Deutschland an nichts fehlen. Von einem reichhaltigen französischen Abendessen, das aufgrund des Ramadan zu später Stunde stattfand, über Croissant-Frühstück und Kuchen wurden wir von oben bis unten verwöhnt. Sogar ein Lunchpaket wurde uns von der Gastmutter angeboten – das wir aber ablehnten, weil wir unseren rührenden Gastgebern nicht noch mehr Arbeit bereiten wollten .

Als Dankeschön für diesen herzlichen Urlaub im Urlaub habe ich dem Gastvater einen Schal der deutschen Nationalmannschaft mitgebracht. Er wird ihn mit Stolz am kommenden Samstag vor dem Fernseher tragen und dabei dem deutschen Team die Daumen drücken, versprach er mir.

Gestern früh dann die Abreise in Richtung Marseille. Maman hatte tatsächlich ein kleines Tränchen im Auge, das wir aber schnell, mit dem Versprechen wiederzukommen, trocknen konnten. Unauffällig hat sie uns bei der Abschiedsumarmung dann doch noch ein Lunchpaket in die Jackentasche geschmuggelt – Typisch Mama eben!“

Lille, 27. Juni 2016: „Nach einer kleinen Verschnaufpause steht nun der Fußball wieder im Mittelpunkt, denn das Abenteuer EURO geht in die nächste Phase – in die K.o.-Runde.

Der Start war schon äußert vielversprechend. Gestern war einfach ein rundum gelungener Tag. Die Vorfreude auf die nächsten Spiele wurde dadurch nur noch mehr gesteigert. Das funktioniert auch dann noch, wenn man schon 16 Tage in Sachen EURO unterwegs ist.

Vor dem Stadion haben wir uns mit Freunden aus Deutschland getroffen. Uns verbindet eine ganz besondere Freundschaft, da wir uns im Stadion kennengelernt haben. Wo auch sonst? Um genauer zu sein in Dublin beim EM-Qualifikationsspiel.

Später im Stadion war die Stimmung überragend, es hat einfach nur Spaß gemacht. Wir freuen uns jetzt schon sehr auf das Spiel in Bordeaux und können es kaum erwarten. Doch vorher legen wir noch einen Zwischenstopp in St. Denis ein: 18:00 Uhr, Stade de France, Achtelfinalkracher Italien gegen Spanien. Hier werden wir unseren nächsten Viertelfinalgegner einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.“

Paris, 22. Juni 2016: "Das letzte Gruppenspiel ist abgepfiffen und damit ruht nicht nur der Spielbetrieb bei der EURO, sondern auch für uns heißt es: Durchatmen! Durchatmen vom „Abenteuer EURO“, das wir dann für vorübergehend in das „Abenteuer Paris“ wandeln. Wenn wir morgen früh aufstehen, werden wir mal keine Stadionbesucher, sondern klassische Paris-Touris sein.

In den vergangenen Tagen fiel es schwer, zur Ruhe zu kommen: Lange Strecken, gutes Timing und viel Jubel haben dominiert – und das war auch gut so. Bevor es in die K.o.-Runde geht, gönnen wir uns nun eine kurze Auszeit. Das Auto ist sicher geparkt und bleibt für die nächsten zwei Tage dort, wo es ist. Dennoch werden wir viel unterwegs sein. Vom Eiffelturm über die Champs-Élysées und Sacré-Cœur bis hin zum Tagesauflug ins Disneyland Paris – das volle Programm.

Ab Samstagabend steht der Fußball dann wieder im Mittelpunkt und wir tauschen Peter Pan, Aladdin und Mickey Mouse zurück in Perišić, Ramos und Müller."

Lyon, 20. Juni 2016: „Albanien darf vom Achtelfinale träumen und wir träumten vom Wäsche waschen – das hätte ich auch nie gedacht. Aber es kam tatsächlich so. In dem kleinen, idyllischen Apartment, das wir für eine Nacht in Lyon bezogen haben, gab es endlich die Möglichkeit – nach zehn Reisetagen – den Kofferinhalt auf Vordermann zu bringen. Waschen, trocknen, bügeln: Wenn, dann das volle Programm.

Ich machte mich also auf den Weg und suchte den Hausherren auf, um nach einem Bügeleisen zu fragen. Bügeleisen? Mist, was war das noch gleich im Englischen oder bestenfalls im Französischen? Bevor ich lang überlegte, habe ich unserem Vermieter in fleißiger Hausmanns-Manier in der Luft etwas vorgebügelt – und darin scheine ich gar nicht so schlecht gewesen zu sein. Er schmunzelte ein wenig, war aber sehr amüsiert und wusste sofort was ich brauchte. Bügeleisen und Bügelbrett gehörten für die nächsten Stunden uns.

Und nachdem ich es im Dictionary nachgeschlagen habe, werde ich das Wort flat iron wohl nun so schnell nicht vergessen.“

Nizza, 17. Juni 2016: „Schiedsrichter Kuipers pfiff um kurz vor 23.00 Uhr gestern Abend die Partie gegen Polen in Saint-Denis ab. Etwa um 23:30 Uhr saßen wir im Auto. Noch in Trikots, aber mit gepackten Taschen. Denn: The Show must go on. Next stop: Nizza, Stade de Nice, zum Spiel Spanien gegen die Türkei, heute um 21:00 Uhr.

Das hieß, knapp 1.000 Kilometer zu bewältigen. Wir haben uns dafür zur Nachtfahrt entschieden. Die neun Stunden, die uns das Navi prophezeit hatte, waren etwas zu optimistisch für die französischen Straßen. Aber nach 14 Stunden, und einem kleinen Powernap zwischendurch, haben wir das Ziel erreicht.

Die Sonne begrüßte uns am späten Vormittag. Und es ist tatsächlich richtig warm. Nach viel grauem Himmeln in Paris wird das auch Zeit. Gestern Abend hätte ich mich noch nicht am Wasser liegen sehen – aber jetzt geht es tatsächlich gleich los. Koffer auf, Badehose raus, Côte d’Azur wir kommen!“

Paris, 16. Juni 2016: "Das Fernsehen ist für mich nicht komplettes Neuland, als Zuschauer im Aktuellen Sportstudio oder beim Doppelpass habe ich schon Studio-Erfahrung gesammelt. Aber eben nur als Zuschauer. Gestern stand ich erstmals vor der Kamera. Das ARD-Morgenmagazin hatte mich eingeladen, über meine EURO-Tour zu erzählen.

Dafür hieß es in aller früh: „Aufstehen!“ Schnell anziehen, fertig machen und auf dem Weg noch eine Kleinigkeit essen. Um 6:00 Uhr war Treffpunkt am Aufzeichnungsort. Das Fernseh-Team hat uns super empfangen, so dass sich meine anfängliche Nervosität schnell legte.

Und dann ging es auch schon los: Das Abenteuer Live-Fernsehen. So wie ich ankam, wurde ich auch ins Studio gesetzt – Haare und Make Up schienen wohl gepasst zu haben. Gernot Rohr getroffen, den Trainer, der unter anderem Zinedine Zidane und Bixente Lizarazu trainiert hat. Ich habe zwei Interviews gegeben. Das erste direkt in Saint-Valery-en-Caux am Rathaus, für das zweite sind wir an die Küste gefahren. Ein Ortswechsel während einer Live-Sendung, zu wissen man muss zur rechten Zeit wieder an seinem Platz stehen, da schüttet man schon ein bisschen Adrenalin aus. Eine neue Erfahrung. Es hat aber auch Spaß gemacht."

Paris, 14. Juni 2016: "Ich bin spät dran. Die EM hat längst angefangen. Auch für mich. Das Eröffnungsspiel haben meine Lebensgefährtin Eva und ich uns noch gespart, aber seit dem 11. Juni sind wir unterwegs. Mittlerweile haben wir drei Spiele gesehen: Albanien gegen die Schweiz, Deutschland gegen die Ukraine und Schweden gegen Irland. Es läuft, es ist wunderbar.

Und es ist manchmal ein bisschen unwirklich. In Lille hatte ich dieses Gefühl. Wir waren zu sechst unterwegs, noch je ein verwandtes und bekanntes Pärchen waren dabei. Wir hatten unsere Autos am Stadion geparkt und wollten noch in die Stadt fahren. Wir hatten ein Schild fürs Spiel dabei – mit Grüßen aus Miltenberg am Main. An der Metro-Station werden wir darauf von einem Mann angesprochen. Er stammt aus Buchen im Odenwald. Etwa 30 Kilometer von unserer Heimat entfernt.

In der Altstadt angekommen, biegen wir gerade um die erste Ecke, da ruft jemand meinen Namen. Ein Kollege aus Würzburg und seine Begleitung. So hat sich unsere Gruppe innerhalb kürzester Zeit verdoppelt.

So ähnlich war es dann auch im Fan-Camp. Als wir im Zelt saßen, hatte ich einen Pullover von meinem Verein an, vom VfL Mönchberg. Den hatte jemand gekannt. Und so kamen wir ins Gespräch. Es wurde erneut ein netter Abend. Und das ist das Schöne an unserer Tour: Eigentlich reisen wir zu zweit, aber es kommt immer wieder zu Begegnungen."

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Kilometer sammeln wie andere Panini-Bilder. Das ist das Motto von Steffen Bauer bei der EURO 2016 in Frankreich. Das Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft wird bis zu 19 EM-Spiele besuchen und dafür rund 10.000 Kilometer unterwegs sein. Von seiner Tour berichtet der 26-Jährige aus Mönchberg in unserem Blog.

Marseille, 08. Juli 2016: "Um 23.10 Uhr, etwa 20 Minuten nach Abpfiff des Halbfinals, kam der Sicherheitsmann im Stade Vélodrome auf Eva und mich zu und sagte „Finish“. Er forderte uns freundlich auf das Stadion jetzt bitte zu verlassen. Da wurde es mir klar: Das war es nun – Finish, aus und vorbei. Das war unser letztes von 18 Spielen bei der EURO 2016 in Frankreich.

Während unserer gesamten Tour war ich fest davon überzeugt, dass wir am Sonntag nach Saint-Denis zu einem Finale mit deutscher Beteiligung fahren würden. Nun holte mich die Realität ein. Eine Kombination aus allen möglichen Emotionen überkam mich: Etwas Verärgerung auf den Schiri – der im Nachhinein betrachtet natürlich keine Schuld trägt. Traurigkeit, weil die deutsche Mannschaft es doch nicht geschafft hat. Aber auch große Freude über alles, was wir bis hier hin erlebt hatten. Es war und ist ein komisches Gefühl, das man mitnimmt, wenn man geht, nachdem man vier Wochen Teil einer großen Fußballfamilie war.

Unser Leid ist des Franzosen Freud – und auch das gönnen wir ihnen. Gestern Abend haben sie ihren Jubel im Autokorso gefeiert, auf unserem Weg ins Hotel wurden wir zum Teil davon. Ein Franzose hupte mich an, ich hupte zurück. Und symbolisch dachte ich mir: Das war es, mein abschließendes „Au Revoir, Frankreich“."

Lyon, 5. Juli 2016: "Mit meiner neuen, lässigen Badeshorts ins Schwimmbad - das war der Plan nach 460 Kilometer Autofahrt bei strahlendem Sonnenschein von Paris nach Lyon. Gekommen bin ich gerade einmal bis zur Eingangsschleuse des Freizeitbads.

Einlasskontrollen kannten wir, hier erwartete uns jedoch eine, der etwas anderen Art: Man bat mich höflich, meine Badeshorts zu zeigen und war dann mit dem Befund nicht zufrieden. Denn Bermuda-Badeshorts, wie man sie von deutschen oder spanischen Stränden kennt, sind hier in Frankreich nicht nur ungern gesehen, sondern strikt verboten. Aus Hygienegründen, wie uns erklärt wurde. Der Einlass wurde mir somit verwehrt. Es hätte eine hautenge Badehose sein müssen, erklärte mir die Dame an der Kasse. À la Michael Phelps sozusagen.

Zum Glück war die Kassiererin zu einer kleinen Verhandlung bereit und ich durfte letztendlich das Schwimmbad doch noch betreten. Allerdings unter Auflagen: Wir konnten den Kompromiss finden, dass ich mit meinem Handtuch die getragene Badehose verdecke, sodass sie im wahrsten Sinne des Wortes „undercover“ blieb. Ins kühle Nass durfte ich so allerdings nicht. So musste Eva alleine ein paar Bahnen schwimmen."

Paris, 4. Juli 2016: ""Fußball ist unser Leben" tönte es 1974 auf dem Weg zum Weltmeistertitel aus dem Radio. 1996 bahnte sich der Hit "Football’s Coming Home" seinen Weg durchs Wembley-Stadion und wurde zum populärsten Fußballsong seit "You’ll Never Walk Alone". In diesem Jahr sorgt ein Ire für den musikalischen Meilenstein der Europameisterschaft. Wir hören sie immer und immer wieder, gesungen von allen Nationen in französischen Pubs und in den Stadien – die Hommage an Will Grigg.

Um diesem Ohrwurm, Nationalhymnen und Fan-Gesängen ab und zu mal zu entkommen, greifen wir während unserer Fahrten auf Krimi-Hörbuch von Joy Fielding und Charts auf unserem Ipod zurück. So auch auf dem Weg von Bordeaux nach Paris. Wir lassen den Zufall die Songs auswählen. Und als hätte der Fußball-DJ seine Finger in der Rotation gehabt, beginnen die Chords zum ersten Song: "Wer friert uns diesen Moment ein, besser kann es nicht sein…" – Andreas Bouranis "Auf uns". Kurz darauf die Toten Hosen mit "An Tagen wie diesen". Ja, es sind Tage und Momente wie diese, die uns verdutzt klar machen, dass im Moment alles um uns herum von EURO erfasst ist."

Marseille/Lille, 30. Juni/1. Juli 2016: "Rasthof-Snack, interkontinentales Hotel-Frühstück und zwischendurch einen Cappuccino. Was die Verpflegung auf unserer Reise angeht, können wir uns überhaupt nicht beschweren – aber „typisch französisch“ sieht anders aus.

In Marseille sollten nun endlich rein französische Gerichte auf den Teller kommen. Die Cuisine Française bietet viele kulinarische Facetten, auf die wir nicht länger verzichten wollten. Besonders Fisch und Meeresfrüchte stehen hoch im Kurs – auch bei uns. Und wo findet man diese besser, leckerer und frischer als an der Küste einer französischen Hafenstadt?

Wir haben uns auf den Weg gemacht und ein kleines Hafenfest am Vieux Port entdeckt. Männer nehmen frischen Fisch aus, zwei Stände weiter wird Fischsuppe aus großen Töpfen aufgetischt, zwischendrin stehen Touristen, Einheimische und Eva und ich. Wir haben uns für einen reichlich gefüllten Fischteller mit vielfältiger Auswahl entschieden: Lachs, Calamari, Scampi und Muscheln - alles, was das Herz begehrt. Dazu eine Flasche Vin Blanc.

Eva hat ihre Portion nicht geschafft, trotzdem schien heute die Sonne, in der wir nun freudig dem Spiel Wales gegen Belgien entgegenfiebern."

Marseille, 29. Juni 2016: „Es kam ein bisschen Schüleraustausch-Feeling auf, als wir vorgestern unsere neue Unterkunft bezogen haben: bei einer französischen Gastfamilie. Maman et Papa – die uns vorher nur über Mailkontakt kannten - haben sich gefreut, als wären ihre eigenen Kinder nach Hause gekommen und haben sogar das elterliche Schlafzimmer für uns geräumt.

Es sollte den Gästen aus Deutschland an nichts fehlen. Von einem reichhaltigen französischen Abendessen, das aufgrund des Ramadan zu später Stunde stattfand, über Croissant-Frühstück und Kuchen wurden wir von oben bis unten verwöhnt. Sogar ein Lunchpaket wurde uns von der Gastmutter angeboten – das wir aber ablehnten, weil wir unseren rührenden Gastgebern nicht noch mehr Arbeit bereiten wollten .

Als Dankeschön für diesen herzlichen Urlaub im Urlaub habe ich dem Gastvater einen Schal der deutschen Nationalmannschaft mitgebracht. Er wird ihn mit Stolz am kommenden Samstag vor dem Fernseher tragen und dabei dem deutschen Team die Daumen drücken, versprach er mir.

Gestern früh dann die Abreise in Richtung Marseille. Maman hatte tatsächlich ein kleines Tränchen im Auge, das wir aber schnell, mit dem Versprechen wiederzukommen, trocknen konnten. Unauffällig hat sie uns bei der Abschiedsumarmung dann doch noch ein Lunchpaket in die Jackentasche geschmuggelt – Typisch Mama eben!“

Lille, 27. Juni 2016: „Nach einer kleinen Verschnaufpause steht nun der Fußball wieder im Mittelpunkt, denn das Abenteuer EURO geht in die nächste Phase – in die K.o.-Runde.

Der Start war schon äußert vielversprechend. Gestern war einfach ein rundum gelungener Tag. Die Vorfreude auf die nächsten Spiele wurde dadurch nur noch mehr gesteigert. Das funktioniert auch dann noch, wenn man schon 16 Tage in Sachen EURO unterwegs ist.

Vor dem Stadion haben wir uns mit Freunden aus Deutschland getroffen. Uns verbindet eine ganz besondere Freundschaft, da wir uns im Stadion kennengelernt haben. Wo auch sonst? Um genauer zu sein in Dublin beim EM-Qualifikationsspiel.

Später im Stadion war die Stimmung überragend, es hat einfach nur Spaß gemacht. Wir freuen uns jetzt schon sehr auf das Spiel in Bordeaux und können es kaum erwarten. Doch vorher legen wir noch einen Zwischenstopp in St. Denis ein: 18:00 Uhr, Stade de France, Achtelfinalkracher Italien gegen Spanien. Hier werden wir unseren nächsten Viertelfinalgegner einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.“

Paris, 22. Juni 2016: "Das letzte Gruppenspiel ist abgepfiffen und damit ruht nicht nur der Spielbetrieb bei der EURO, sondern auch für uns heißt es: Durchatmen! Durchatmen vom „Abenteuer EURO“, das wir dann für vorübergehend in das „Abenteuer Paris“ wandeln. Wenn wir morgen früh aufstehen, werden wir mal keine Stadionbesucher, sondern klassische Paris-Touris sein.

In den vergangenen Tagen fiel es schwer, zur Ruhe zu kommen: Lange Strecken, gutes Timing und viel Jubel haben dominiert – und das war auch gut so. Bevor es in die K.o.-Runde geht, gönnen wir uns nun eine kurze Auszeit. Das Auto ist sicher geparkt und bleibt für die nächsten zwei Tage dort, wo es ist. Dennoch werden wir viel unterwegs sein. Vom Eiffelturm über die Champs-Élysées und Sacré-Cœur bis hin zum Tagesauflug ins Disneyland Paris – das volle Programm.

Ab Samstagabend steht der Fußball dann wieder im Mittelpunkt und wir tauschen Peter Pan, Aladdin und Mickey Mouse zurück in Perišić, Ramos und Müller."

Lyon, 20. Juni 2016: „Albanien darf vom Achtelfinale träumen und wir träumten vom Wäsche waschen – das hätte ich auch nie gedacht. Aber es kam tatsächlich so. In dem kleinen, idyllischen Apartment, das wir für eine Nacht in Lyon bezogen haben, gab es endlich die Möglichkeit – nach zehn Reisetagen – den Kofferinhalt auf Vordermann zu bringen. Waschen, trocknen, bügeln: Wenn, dann das volle Programm.

Ich machte mich also auf den Weg und suchte den Hausherren auf, um nach einem Bügeleisen zu fragen. Bügeleisen? Mist, was war das noch gleich im Englischen oder bestenfalls im Französischen? Bevor ich lang überlegte, habe ich unserem Vermieter in fleißiger Hausmanns-Manier in der Luft etwas vorgebügelt – und darin scheine ich gar nicht so schlecht gewesen zu sein. Er schmunzelte ein wenig, war aber sehr amüsiert und wusste sofort was ich brauchte. Bügeleisen und Bügelbrett gehörten für die nächsten Stunden uns.

Und nachdem ich es im Dictionary nachgeschlagen habe, werde ich das Wort flat iron wohl nun so schnell nicht vergessen.“

Nizza, 17. Juni 2016: „Schiedsrichter Kuipers pfiff um kurz vor 23.00 Uhr gestern Abend die Partie gegen Polen in Saint-Denis ab. Etwa um 23:30 Uhr saßen wir im Auto. Noch in Trikots, aber mit gepackten Taschen. Denn: The Show must go on. Next stop: Nizza, Stade de Nice, zum Spiel Spanien gegen die Türkei, heute um 21:00 Uhr.

Das hieß, knapp 1.000 Kilometer zu bewältigen. Wir haben uns dafür zur Nachtfahrt entschieden. Die neun Stunden, die uns das Navi prophezeit hatte, waren etwas zu optimistisch für die französischen Straßen. Aber nach 14 Stunden, und einem kleinen Powernap zwischendurch, haben wir das Ziel erreicht.

Die Sonne begrüßte uns am späten Vormittag. Und es ist tatsächlich richtig warm. Nach viel grauem Himmeln in Paris wird das auch Zeit. Gestern Abend hätte ich mich noch nicht am Wasser liegen sehen – aber jetzt geht es tatsächlich gleich los. Koffer auf, Badehose raus, Côte d’Azur wir kommen!“

Paris, 16. Juni 2016: "Das Fernsehen ist für mich nicht komplettes Neuland, als Zuschauer im Aktuellen Sportstudio oder beim Doppelpass habe ich schon Studio-Erfahrung gesammelt. Aber eben nur als Zuschauer. Gestern stand ich erstmals vor der Kamera. Das ARD-Morgenmagazin hatte mich eingeladen, über meine EURO-Tour zu erzählen.

Dafür hieß es in aller früh: „Aufstehen!“ Schnell anziehen, fertig machen und auf dem Weg noch eine Kleinigkeit essen. Um 6:00 Uhr war Treffpunkt am Aufzeichnungsort. Das Fernseh-Team hat uns super empfangen, so dass sich meine anfängliche Nervosität schnell legte.

Und dann ging es auch schon los: Das Abenteuer Live-Fernsehen. So wie ich ankam, wurde ich auch ins Studio gesetzt – Haare und Make Up schienen wohl gepasst zu haben. Gernot Rohr getroffen, den Trainer, der unter anderem Zinedine Zidane und Bixente Lizarazu trainiert hat. Ich habe zwei Interviews gegeben. Das erste direkt in Saint-Valery-en-Caux am Rathaus, für das zweite sind wir an die Küste gefahren. Ein Ortswechsel während einer Live-Sendung, zu wissen man muss zur rechten Zeit wieder an seinem Platz stehen, da schüttet man schon ein bisschen Adrenalin aus. Eine neue Erfahrung. Es hat aber auch Spaß gemacht."

Paris, 14. Juni 2016: "Ich bin spät dran. Die EM hat längst angefangen. Auch für mich. Das Eröffnungsspiel haben meine Lebensgefährtin Eva und ich uns noch gespart, aber seit dem 11. Juni sind wir unterwegs. Mittlerweile haben wir drei Spiele gesehen: Albanien gegen die Schweiz, Deutschland gegen die Ukraine und Schweden gegen Irland. Es läuft, es ist wunderbar.

Und es ist manchmal ein bisschen unwirklich. In Lille hatte ich dieses Gefühl. Wir waren zu sechst unterwegs, noch je ein verwandtes und bekanntes Pärchen waren dabei. Wir hatten unsere Autos am Stadion geparkt und wollten noch in die Stadt fahren. Wir hatten ein Schild fürs Spiel dabei – mit Grüßen aus Miltenberg am Main. An der Metro-Station werden wir darauf von einem Mann angesprochen. Er stammt aus Buchen im Odenwald. Etwa 30 Kilometer von unserer Heimat entfernt.

In der Altstadt angekommen, biegen wir gerade um die erste Ecke, da ruft jemand meinen Namen. Ein Kollege aus Würzburg und seine Begleitung. So hat sich unsere Gruppe innerhalb kürzester Zeit verdoppelt.

So ähnlich war es dann auch im Fan-Camp. Als wir im Zelt saßen, hatte ich einen Pullover von meinem Verein an, vom VfL Mönchberg. Den hatte jemand gekannt. Und so kamen wir ins Gespräch. Es wurde erneut ein netter Abend. Und das ist das Schöne an unserer Tour: Eigentlich reisen wir zu zweit, aber es kommt immer wieder zu Begegnungen."

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